: Von Jom Kippur bis Camp David
Jom Kippur ist der heiligste Tag des jüdischen religiösen Jahres. Die gläubige Gemeinde verbringt den „Versöhnungstag“ in der Synagoge, es gilt ein absolutes Fastengebot. Wer dagegen verstößt, wird nach göttlichem Recht mit dem Tode bestraft. Es war deshalb kein Zufall, daß die ägyptische Armee Jom Kippur als den Tag ihres Angriffs wählte. Am 5. Oktober 1973 griffen sie die Bar-Lev-Linie am Suezkanal an. Benannt war diese Befestigungslinie nach dem gleichnamigen General, der sie nach der Eroberung des Sinai im Jahre 1967 anlegen ließ. Nicht nur israelischen Militärexperten galt das Bollwerk aus Beton und Stahl als unüberwindbar.
Doch das Überraschungsmoment des Angriffs an diesem Oktobertag lag auf der ägyptischen Seite. Deren Armee gelang sogar ein Durchbruch bis zum Mitla-Paß in der Mitte der Sinaihalbinsel. Fast zwei Tage dauerte es, bis die israelische Armee zur Gegenwehr bereitstand.
Unter General Ariel Scharon gelang den Israelis der Gegenangriff im Süden des Sinai. Scharons Truppen überquerten sogar den Suezkanal und setzten auf das ägyptische Festland über; es drohte ein Marsch auf Kairo. Erst die Intervention der USA und der UdSSR brachte die israelische Armee zum Stehen. Sie mußte sich einem Waffenstillstand beugen.
Mehr als 3.000 israelische Soldaten starben in dem fast zweijährigen Abnutzungskrieg am Suezkanal. Ähnlich verlustreich und hart waren die gleichzeitigen Kämpfe auf den Golanhöhen. Der syrischen Armee gelang ein Durchstoß, der erst in letzter Minute von der israelischen Armee aufgehalten werden konnte. Wegen der hohen Verluste im Jom-Kippur- Krieg rollten zahlreiche politische und militärische Köpfe in Israel. Doch zugleich war der Jom-Kippur-Krieg auch der Grundstein für den Frieden zwischen Israel und Ägypten.
Ägyptens Präsident Anwar al-Sadat nutzte den Krieg als Mittel zum Frieden. Die Anfangserfolge im Krieg galten ihm als Grund zur Wiederherstellung der „arabischen Ehre“. Erst danach konnte er es wagen, nach Israel zu reisen und vor dem Parlament, der Knesset, zu sprechen.
Die Vereinbarungen von Camp David zwischen Anwar al-Sadat und Menachem Begin, einst Führer der Terrororganisation Irgun Zwai Leumi, im Jahre 1978 brachten den ersten Friedensvertrag zwischen Israel und einem arabischen Staat. Die Siedlungen im Sinai wurden von der israelischen Armee geschleift, der Sinai bis zum Jahre 1982 vollständig zurückgegeben. Der heutige Justizminister Tzahi Hanegbi gehörte damals zu den Widerständlern in der Siedlung Yamit im Sinai.
Doch der Frieden mit Ägypten blieb ein kalter Frieden. Zwar reisten viele Israelis in das Land der Pharaonen, doch Gegenbesuche waren und sind eher selten. Die Verurteilung eines Israelis als Spion in Ägypten und die Ausweisung einer israelischen Geschäftsfrau aus dem Land am Nil hatten die Beziehungen weiter getrübt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen