: Milieuschutz hinterm Reichstag
■ Nachdem ein erster Anlauf gescheitert ist, will das Bezirksamt Mitte erneut versuchen, in der Friedrich-Wilhelm-Stadt Mietobergrenzen einzuführen. Heute entscheidet der Bauausschuß
Beim zweiten Mal soll alles besser werden. Geht es nach dem Willen von Mittes Baustadtrat Thomas Flierl (PDS), soll der Bauausschuß des Bezirks heute einen erneuten Anlauf für die Festlegung einer Milieuschutzsatzung in der Friedrich-Wilhelm-Stadt starten. Der erste Versuch war gescheitert, nachdem das Bezirksamt die für die Festlegung einer solchen Satzung notwendige städtebauliche Begründung des Büros Ifad als unzureichend kritisiert hatte.
Daß ein Milieuschutzsatzung und mit ihr die Möglichkeit, Mietobergrenzen festzulegen, im Quartier zwischen Berliner Ensemble und Charité notwendig ist, daran zweifelt eigentlich niemand. Durch zahlreiche Modernisierungen, Neubauten und Umwandlungen von Wohn- in Gewerberaum ist der Druck auf die verbliebene Wohnbevölkerung rechts und links der Albrechtstraße drastisch gestiegen. Schwierig ist nur die städtebauliche Begründung einer solchen Satzung. Da laut Baugesetzbuch nur die „städtebauliche Eigenart“ eines Quartiers, nicht aber die Sozialstruktur geschützt werden darf, standen die Gutachter von Ifad vor der Schwierigkeit nachzuweisen, daß mit der angestammten Bevölkerung auch der bauliche Charakter des Gebiets, etwa als vorwiegendes Wohngebiet, verlorengehe. Genau dieses habe die Studie nach Ansicht des Bauausschusses in Mitte aber nicht geleistet. Damit, so die Kritik, wäre die Studie vor Gericht anfechtbar gewesen.
Ob eine neue Studie in Auftrag gegeben werden soll, war im Stadtplanungsamt Mitte allerdings lange umstritten. Der Grund sind die Kosten in Höhe von 60.000 bis 80.000 Mark sowie die Verzögerungen, die mit einem zweiten Anlauf verbunden wären. Gleichwohl hatten das Bündnis Mitte sowie die Bürgerinitiative Friedrich-Wilhelm-Stadt in dieser Frage nicht lockergelassen. So wies Initiativensprecherin Gesine Bey darauf hin, daß nach erfolgten Sanierungsarbeiten oftmals Mieten in einer Höhe bis zu 30 Mark pro Quadratmeter verlangt würden.
Ob sich Baustadt Flierl mit seinem Vorschlag, ein neues Gutachten in Auftrag zu geben, im Bauauschuß heute allerdings durchsetzen kann, ist noch nicht klar. Zwar spricht sich auch die SPD dafür aus, in der Friedrich-Wilhelm- Stadt aktiv zu werden, allerdings nur, wenn dies nicht mit zusätzlichen Kosten verbunden sei. Und der CDU waren Milieuschutzsatzungen als „Investitionshindernisse“ schon seit je ein Dorn im Auge. Zu guter Letzt muß, bevor im Quartier hinter dem Reichstag Mietobergrenzen festgelegt werden können, auch noch Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) zustimmen. Und der hatte in Sachen Milieuschutz gerade erst am Boxhagener Platz in Friedrichshain einen Rückzieher gemacht. Strieders Votum: Der Absturz bestimmter Gebiete könne nur aufgehalten werden, wenn sich dort auch finanzkräftige Mieter ansiedelten. Uwe Rada
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