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In Palästina wird um Prozente gefeilscht

US-Außenministerin Madeleine Albright vermittelt wieder in Nahost. Ein Abkommen zwischen Israelis und Palästinensern ist greifbar. Nur Netanjahu muß es in seinem Kabinett durchsetzen  ■ Aus Jerusalem Georg Baltissen

Obwohl die palästinensischen Gebiete weiterhin abgeriegelt sind und im israelisch kontrollierten Teil von Hebron sogar eine Ausgangssperre herrscht, werden die israelisch-palästinensischen Friedensverhandlungen fortgesetzt. US-Außenministerin Madeleine Albright reist deshalb heute persönlich in den Nahen Osten. Begleitet wird sie von US-Unterhändler Dennis Ross und Staatssekretär Martin Indyke, dem früheren US-Botschafter in Israel. Ziel ist ein Abkommen zwischen Israelis und Palästinensern über den nächsten israelischen Teilabzug aus dem Westjordanland.

Zwar ist der 13prozentige Rückzug der Israelis im Prinzip in der vergangenen Woche in Washington festgeklopft worden, doch steht noch die von Israel geforderte Gegenleistung der Palästinenser zur Debatte, insbesondere die Bekämpfung des Terrorismus und die erneute Annullierung der PLO-Charta.

„Wenn es ein gutes Abkommen gibt“, erklärte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach seinem jüngsten Besuch in Washington und den Unterredungen mit US-Präsident Bill Clinton und Palästinenserpräsident Jassir Arafat, „dann bin ich bereit, politische Risiken auf mich zu nehmen.“ Und die dürften nicht eben klein sein. Die Front von Siedlern, Abgeordneten der Knesset und Ministern gegen einen Teilrückzug der israelischen Armee aus dem Westjordanland formiert sich. Netanjahu hat angedeutet, daß er einem seiner schärfsten Opponenten in der Frage eines weiteren Rückzugs, Infrastrukturminister Ariel Scharon, sogar das verwaiste Außenministerium andienen würde, sollte dieser dem Deal zustimmen.

Dennoch ist Skepsis angesagt. Und keiner der Beteiligten äußerte sie deutlicher als Arafat bei seinem Besuch in Ägypten. Netanjahu habe schon des öfteren eingegangene Versprechungen nicht eingehalten, erklärte er. „Wir müssen abwarten, was bei den Verhandlungen herauskommt.“

Kern der Differenzen ist nicht mehr der Umfang des zweiten Teilrückzugs in Höhe von 13 Prozent. Allerdings soll nur 1 Prozent der Zone C in Zone A verwandelt und damit unter völlige palästinensische Kontrolle gestellt werden. Die Palästinenser verlangen deshalb, daß weitere 14 Prozent der Zone B, die israelischer Sicherheitskontrolle untersteht, in Zone A fallen. Unklar bleibt, ob damit der im Hebron-Abkommen geforderte dritte Teilrückzug der israelischen Armee ausgesetzt wird. Bislang war genau dies eine der Kernforderungen der Regierung Netanjahu. Strittig ist auch noch, ob das 3prozentige Naturreservat zur Zone C oder B gerechnet wird, also unter völliger israelischer Kontrolle steht, wie es Netanjahu wünscht, oder unter gemischter israelisch-palästinensischen Kontrolle, wie es Arafat verlangt. Die Verhandlungen über die Öffnung des palästinensischen Flughafens oder eines Industrieparks in Gaza stellen nicht die eigentlichen Hindernisse dar. Sogar die palästinensische Verbindungsstraße zwischen dem Westjordanland und dem Gaza-Streifen könnte relativ leicht ausgehandelt werden. Schwierig aber wird es bei der Sicherheitskooperation. Die israelische Regierung verlangt die Auslieferung von 36 Personen, denen Mord an Israelis vorgeworfen wird. Laut den Oslo-Abkommen ist die palästinensische Regierung allerdings nicht verpflichtet, diese Personen auszuliefern, wenn sie vor palästinensischen Gerichten abgeurteilt worden sind. Das trifft in den meisten Fällen zu. Die israelische Regierung wirft der Autonomiebehörde freilich vor, einige dieser Verurteilten vorzeitig auf freien Fuß gesetzt zu haben. Umgekehrt verlangen die Palästinenser von der israelischen Regierung eine strengere Bestrafung von Siedlern, denen die Erschießung von Palästinensern nachgewiesen wurde. Des weiteren soll die israelische Regierung keine neuen Siedlungen mehr errichten, die Landenteignungen und die Zerstörung von palästinensischen Häusern einstellen. Die Aushandlung ebendieser Details könnte eine Einigung durchaus noch verhindern.

Die strategische Differenz zwischen Israelis und Palästinensern dürfte aber selbst ein solches Abkommen nicht beseitigen. Während Netanjahu über die Frage der Sicherheitskooperation nach einem Mittel sucht, um die Verhandlungen jederzeit blockieren zu können, versuchen die Palästinenser sicherzustellen, daß ihnen bei Aufnahme der Abschlußverhandlungen rund 90 Prozent des Territoriums des Westjordanlandes unterstehen. Die Regierung Netanjahu will den Palästinensern aber auch nach Abschluß der Verhandlungen nur 40 bis 50 Prozent des Gebiets überlassen.

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