Kommentar: Freigesprochen
■ Warum der VHS-Bericht eine Behörde entlastet, die nach Kreativität nicht fragt
Die Suche nach dem Täter ist beendet; die Verdächtigen atmen auf. Rudolf Camerer, ehemals Direktor der Hamburger Volkshochschule, wußte von der miesen Finanzlage des Unternehmens – dieser Schuldspruch einer unabhängigen Beraterfirma macht vor allem jene froh, die sich in den vergangenen Wochen selbst unangenehme Fragen anhören mußten: das Hamburger Amt für Weiterbildung und die Bildungsbehörde.
In der gleichen Weise, wie der Prüfbericht Camerer belastet, säubert er sie von dem Vorwurf, ihr Tochterunternehmen vernachlässigt zu haben. Nun ist Schluß mit den Anwürfen wegen mangelnder Kontrolle; kein enervierendes Bohren mehr danach, wer wann was wußte.
So groß ist das Entzücken, daß die wichtigere Konsequenz aus dem Prüfbericht unter den Tisch zu fallen droht. Die Frage nämlich, wie der Tatort aufzuräumen ist – möglichst sanft und ohne daß einzelne Unterrichtsbereiche kaputtgespart werden. Schließlich ist das Problem an den VHS-Schulden nicht, daß niemand ihren Verursacher kennt, sondern die Folgen, die sie für Lernwillige und Beschäftigte haben.
Wenn Steuerungs- und Controllingmängel für das Defizit verantwortlich sind, und so steht es im Prüfbericht, scheint es geradezu unfair, einen Großteil der Schulden mit dem Verkauf des Gebäudes an der Koppel loswerden zu wollen und den KursteilnehmerInnen mehr Geld abzuknöpfen. Hier wäre kreatives Sparen gefragt – wenn der Vorstand die Konsolidierungpläne nicht schon vor Erscheinen des Berichts verabschiedet hätte.
Judith Weber
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