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Öko-Rating für Unternehmen

■ Rating-Agenturen prüfen die ökologische Bonität von Firmen. Im nächsten Jahrtausend wird Aktienranking selbstverständlich sein

Umweltverträglich und nachhaltig Wirtschaften ist in – zumindest in der Selbstdarstellung vieler Unternehmen. Kaum eine Anzeige oder Broschüre kommt ohne Öko-Schlagwörter aus, und stolz wird auf das jüngst erworbene Öko-Audit oder den neuesten Umweltbericht verwiesen. Doch nicht immer stimmt das gezeichnete Bild mit der Wirklichkeit überein. Institutionelle Anleger wie ökologisch orientierte Investmentfonds überprüfen deshalb immer öfter die ökologische Bilanz eines Unternehmens mit Hilfe einer Öko-Rating-Agentur.

So läßt die oeco-capital Lebensversicherung AG die Aktien in ihrem Portfolio von der Münchner ökom GmbH bewerten. Die Basis des Ratings sind Geschäfts- und Umweltberichte, Befragungen von Mitarbeitern und externen Fachleuten sowie ein 30seitiger Fragebogen. Untersucht werden dabei das Umweltmanagement des Unternehmens, die Umweltverträglichkeit der angebotenen Produkte und Dienstleistungen sowie die typischen Umweltdaten wie Wasserverbrauch, Abfallmenge oder Luftverschmutzung. Jeder der drei Bereiche wird mit Noten zwischen minus 5 und plus 5 bewertet, die dann gewichtet und zu einer Gesamtnote zusammengefaßt werden. Die Null steht dabei für ein Unternehmen, das nur die gesetzlichen Mindeststandards erfüllt. Die meisten der bewerteten Unternehmen lagen in ihrer Selbsteinschätzung über den erreichten Ergebnissen. Verärgert waren sie deshalb nicht, sagt Robert Haßler von ökom. „Die Erfahrungen deuten darauf hin, daß viele Unternehmen eine Chance darin erkennen, daß ihnen von neutraler Seite ein ökologischer Spiegel vorgehalten wird.“ Rund 50 Ratings wurden bisher in einem gemeinsamen Projekt mit dem österreichischen Informationsdienst Öko-Invest und der Zeitschrift Börse-Online veröffentlicht und sind über die Online- Finanznachrichtenagentur Bloomberg abrufbar.

Bei der Rating-Agentur Südwind aus Siegburg stehen auch soziale und entwicklungspolitische Kriterien auf der Checkliste. So wird etwa überprüft, ob ein Unternehmen die Mindestanforderungen der internationalen Arbeitsorganisation ILO erfüllt, ob es Rüstungsprodukte oder Suchtmittel herstellt und ob Gewinne, die Tochtergesellschaften in Entwicklungsländern erwirtschaften, dort auch wieder investiert werden. Die einzelnen Kriterien werden mit einer siebenteiligen Skala bewertet. Allerdings verzichtet die Agentur auf eine Gesamtnote, da sich verschiedene Bereiche nicht gegeneinander aufrechnen lassen. „Sie können die Negativpunkte, die ein Unternehmen erhält, weil es militärisch relevante Güter herstellt, nicht gegen die Pluspunkte aufrechnen, die es bekommt, weil es Tagesstätten für die Kinder seiner Mitarbeiter eingerichtet hat“, verdeutlicht Antje Schneeweiß von Südwind das Dilemma. Um Mindestanforderungen zu sichern, setzt sie auf Ausschlußkriterien: „Eine Anlage in den Bereichen Rüstung, Atomenergie oder Agrarchemie ist auch dann nicht akzeptabel, wenn das Unternehmen aus ökologischer Sicht Pluspunkte aufweist.“ Regelmäßige Veröffentlichungen der bisherigen Ratings gibt es nicht.

Branchenspezifische Bewertungen gibt es bisher vom Hamburger Umwelt Institut (HUI) und dem Institut für Markt Umwelt Gesellschaft (imug) in Hannover. Das HUI veröffentlicht seine ökologische Bewertung der Top 50 der Chemiebranche in regelmäßigen Abständen im manager magazin. Das imug hat das ökologische und soziale Verhalten der deutschen Unternehmen in der Lebensmittelbranche sowie der Kosmetik-/ Waschmittelindustrie untersucht (siehe Buchtip). Max Deml, Leiter des Wiener Forschungsinstitutes für ethisch-ökologische Geldanlagen und Chefredakteur von Öko- Invest sieht die Zukunft der Branche optimistisch. Seine These: „Ökologisches Aktienranking und -rating wird im Jahr 2010 eine Selbstverständlichkeit sein. Kaum ein Kapitalmarktprodukt, das etwas auf sich hält, wird ohne eine Note für Umweltbonität auskommen.“ Leo Frühschütz

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