: Dicke Luft auf der Straße ist tödlich
Jährlich sterben laut WHO-Statistik bis zu 300.000 EU-Bürger an Luftverschmutzung, 80.000 davon an den Abgasen des Straßenverkehrs. Ungebrochenes Verkehrswachstum gefährdet auch den Klimaschutz ■ Von Bernhard Pötter
Jährlich sterben 80.000 Menschen in der Europäischen Union an der Luftverschmutzung durch den Straßenverkehr. Weitere 45.000 Menschen verlieren ihr Leben bei jährlich zwei Millionen Autounfällen. Das ist das Ergebnis aktueller Statistiken aus dem europäischen Büro der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Demnach betragen die Kosten für die Gesundheitssysteme und die Umwelt, die der Verkehr verursacht, jährlich etwa 260 Milliarden Ecu (etwa 520 Milliarden Mark).
Allgemein fordert Luftverschmutzung in Europa jährlich das Leben von 200.000 bis 300.000 Menschen, schätzt die WHO. Die Daten wurden zusammengetragen als Vorbereitung einer Konferenz der Umwelt- und Gesundheitsminister der EU, die im Juni nächsten Jahres in London stattfindet. Dort soll nach Angaben der WHO eine Europäische Charta zu Transport, Umwelt und Gesundheit verabschiedet werden. Sie soll zum ersten Mal die Aufmerksamkeit nicht nur auf die ökologischen, sondern auch auf die gesundheitlichen Folgen des Verkehrs lenken. Im Vorgriff darauf hat der für Transport zuständige Generaldirektor der EU-Kommission, Robert Coleman, erklärt, die Wirkung des Verkehrs auf Umwelt und Gesundheit sei ein „wichtiges politisches Thema in Europa“.
Besonders betroffen von der Luftverschmutzung durch den Verkehr sind Kinder und alte Menschen, die besonders in Großstädten zunehmend an Husten, Asthma, chronischer Bronchitis und Problemen des Herz- und Kreislaufsystems litten. Außerdem gebe es zunehmend Hinweise darauf, daß die Autoabgase bei Kindern Krebs erzeugten.
Auch die gesundheitsgefährdende Belastung der EU-BürgerInnen durch Lärm steigt an. Inzwischen leiden 26 Prozent der insgesamt 373 Millionen EU-EinwohnerInnen an den hohen Lärmpegeln, bemängelt die WHO.
Der Verkehr nimmt dessen ungeachtet weiter zu. Die Verkehrsleistung durch Pkw hat in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zwischen 1990 und 1996 um 13 Prozent zugenommen, der Güterverkehr auf der Straße um 23 Prozent. Prognosen der EU-Kommission gehen davon aus, daß sich in den nächsten Jahren dieser Trend ungebrochen fortsetzt.
Nach neuen Berechnungen aus Frankreich und Dänemark gefährdet dieser Zuwachs im Verkehr auch die Klimaschutzziele. Nach dem Bericht „Energie 2010–2020“ der französischen Planungsbehörde wird es für Frankreich „besonders schwierig“, die auf der Klimaschutzkonferenz in Kioto 1997 zugesagte Stabilisierung der CO2- Emissionen auf dem Niveau von 1990 zu erreichen. Denn das Risiko der Zuwächse beim Transportsektor sei „sehr groß“. Auch die dänische Energiebehörde hat erklärt, die Kohlendioxid-Emissionen durch den Verkehr, die eigentlich auf das Level von 1988 zurückgeführt werden sollten, seien um 16 Prozent gestiegen und würden bis 2005 auf 25 Prozent steigen.
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