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Marokkos Knasttore öffnen sich ein wenig

■ Ein Bericht des Menschenrechtsbeauftragten zieht öffentlich Bilanz über die Lage im Land

Madrid (taz) – Der Regierungswechsel hin zur Opposition in Marokko vom vergangenen Januar zeigt erste Wirkungen. Am Dienstag abend wurden 17 politische Gefangene freigelassen, elf weitere sollen in den nächsten Tagen folgen. Der Menschenrechtsbeauftragte der Regierung des Sozialisten Abderrahmane Youssoufi, Driss Dahak, hatte die Amnestie bereits am Vortag angekündigt. Die Betroffenen sind alle in einem Menschenrechtsbericht aufgeführt, den Dahak Ende letzter Woche König Hassan II. unterbreitete, bevor er ihn der Öffentlichkeit vorstellte.

Bei den Gefangenen handelt es sich um Islamisten. 20 weitere islamistische Gefangene werden erst einmal nicht amnestiert, erklärte Dahak, der gleichzeitig Präsident des Obersten Gerichtshofes ist. Sie sind in zwei Morddelikte verwickelt.

Mit dem jetzt vorgelegten Bericht zog erstmals eine staatliche Stelle öffentlich Bilanz über die Lage der Menschenrechte in Marokko. 112 Menschen seien verschwunden. Die Hälfte sei unter ungeklärten Umständen in den Haftanstalten verstorben. Ihre Angehörigen sollen jetzt einen Totenschein erhalten, so Dahak. Die restlichen Fälle werden weiterhin untersucht.

Daß Folter in Polizeikommissariaten zu den üblichen Verhörmethoden gehört, beweisen 45 Tote in Polizeigewahrsam, die Dahak in seinem Bericht für den Zeitraum von 1989 bis 1998 aufführt. Wem nichts nachzuweisen war, kam trotzdem nicht immer ungeschoren davon. So wurde mindestens 16 Menschen aus politischen Gründen der Reisepaß entzogen. Sechs bekamen ihn im Lauf der Zeit zurück, den übrigen will Dahak jetzt die Möglichkeit einräumen, vor Gericht zu gehen.

Der Bericht Dahaks, mit dem „die Menschenrechtsprobleme in Marokko endgültig in Ordnung gebracht werden“ sollen, wie Hassan II. letzte Woche vor dem Parlament verkündete, greift vielen zu kurz. So gab der Generalsekretär von amnesty international, Pierre Sane, nach einer Marokkoreise Anfang Juni die Zahl der Foltertoten mit 78 an – 30 davon alleine in den letzten fünf Jahren. Bei den Verschwundenen kommt ai auf 568. Darunter befinden sich 488 Menschen aus der besetzten Westsahara. Und die hat Dahak nicht berücksichtigt. Soweit sie noch am Leben sind, sollen sie im Laufe des UN-Friedensprozesses gegen 2.000 gefangene Marokkaner in den Händen der Befreiungsbewegung Polisario ausgetauscht werden. Reiner Wandler

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