D'Alema soll die Regierung bilden

Der Chef der Linksdemokraten hat gute Chancen auf die Nachfolge des geschaßten italienischen Premiers Prodi. Opposition will alle Parlamentsmandate niederlegen  ■ Aus Rom Werner Raith

Massimo D'Alema, Sekretär der größten Parlamentsfraktion „Demokraten der Linken“, wird wahrscheinlich beauftragt werden, Italiens neue Regierung zu bilden. Mit einer Entscheidung wurde noch für den gestrigen Abend gerechnet. Damit scheint Italiens Staatspräsident Oscar Luigi Scalfaro den Anträgen der bisherigen Koalitionsfraktionen zu entsprechen: Sie wollen den derzeit unumstritten „stärksten“ Mann der italienischen Politik an der Spitze der Exekutive sehen.

Schon früh war der heute 49jährige Massimo D'Alema, der einen Lebenslauf wie aus dem Apparatschik-Bilderbuch vorweisen kann, im Vorsitz der KP-Nachwuchsorganisation FGGI aktiv. Später ließ er sich von dem charismatischen Kommunistenführer Enrico Berlinguer ins Politbüro holen, wurde nach einigen Jahren Organisationschef der Partei und nach Berlinguers Tod Chefredakteur der Parteizeitung L'Unità, die er stramm auf ZK-Linie hielt. Seit 1995 leitet er als Chef die KP- Nachfolgepartei PDS. Jetzt, da Prodi als Mohr ausgedient hat, verfügt d'Alema über gute Aussichten, die Stelle des vor gut einer Woche wegen des Austritts eines Teils der Neokommunisten aus dem Regierungsbündnis zurückgetretenen Romano Prodi, 58, einzunehmen.

Dies, obwohl er bereits angekündigt hat, er werde den Haushaltsentwurf, so wie Prodi ihn eingebracht hat und weswegen die Koalition auseinandergebrochen war, unverändert neu ins Parlament einbringen. Doch nun wollen ihn neben dem regierungstreuen Teil der Neokommunisten auch die rechts von der Mitte angesiedelten ehemaligen Christdemokraten der Demokratischen Union für die Republik unter Leitung des früheren Staatspräsidenten Francesco Cossiga unterstützen.

Voraussetzung für sie war, daß Prodi nicht mehr antrat. So sollte sichtbar gemacht werden, daß man ein neues Bündnis eingehen wolle, das verschieden ist von jenem, dem die Wähler 1996 die Mehrheit verschafft hatten und für das der Name des Bologneser Wirtschaftsprofessors Prodi mit seinem „Olivenbaumbündnis“ aus Linksdemokraten, Grünen, Volkspartei und Bürgerbewegungen stand.

Genau an diesem Punkt erhitzt sich aber nun die politische Diskussion. Die Opposition wirft dem neuen Bündnis den Verrat am Wählerwillen und Staatspräsident Scalfaro gar Verfassungsbruch vor und will bereits am kommenden Sonntag mit „spektakulären Aktionen“ ihren Unmut äußern.

Gedacht ist dabei offenbar nicht nur an große Demonstrationen in Rom und im ganzen Land, sondern auch an die Niederlegung aller Parlamentsmandate der Rechtsopposition. Das würde in vielen Wahlkreisen Neuwahlen notwendig machen, so daß die Regierung danach wieder in genau jene Situation hineingezwungen würde, der sie um jeden Preis hätte entgehen wollen: einer direkte Äußerung des Wählerwillens, und das in einem Augenblick, wo sich die gewählte Mehrheit als regierungsunfähig erwiesen hat und jetzt, reichlich kleinlaut geworden, neue Partner suchen muß.