: Bankgesellschaft Berlin macht allein weiter
■ Nach Scheitern der Bankenehe mit der Nord/LB: Diepgen setzt auf eigenständige Entwicklung der Bankgesellschaft. Grüne Schreyer warnt vor „Kurzschluß“ und Anbiederung an West/LB
Nach dem vorläufigen Scheitern des Zusammenschlusses der Bankgesellschaft Berlin und der Norddeutschen Landesbank (Nord/LB/ Hannover) zum 1. Januar 1999 ist eine gemeinsame Zukunft beider Banken völlig offen. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) setzt jetzt auf eine eigenständige Entwicklung, in Hannover werden weiterhin Chancen für ein Zusammengehen zu einem späteren Zeitpunkt gesehen.
Im Gegensatz zur Auffassung des niedersächsischen Finanzministers Heinrich Aller (SPD), der zugleich im Aufsichtsrat der Nord/LB sitzt, will Diepgen nach der geplatzten Bankenehe die Zukunft der Bankgesellschaft Berlin allein bestimmen. Dabei könne es einzelne Formen der Kooperation mit der Nord/LB geben, die jetzt zwischen den Banken geprüft werden müßten. „Ob aber und in welchem Zeitraum wieder über eine Fusion verhandelt wird, muß im Strategieausschuß erörtert werden“, sagte Senatssprecher Michael-Andreas Butz. Der Regierende Bürgermeister Diepgen möchte, daß der Ausschuß möglichst bald zusammenkommt.
Die Bankgesellschaft hatte am Wochenende erklärt, der Zusammenschluß sei auf absehbare Zeit nicht zu realisieren. Sie werde jetzt „den eingeschlagenen Weg der Konzentration der eigenen Kräfte konsequent umsetzen“. Das Berliner Institut reagierte damit auf einen vom Nord/LB-Aufsichtsrat unmittelbar zuvor gefaßten Beschluß, die Fusion im Hinblick auf die Lage an den derzeit schwachen Aktienmärkten und die negative Kursentwicklung der Bankgesellschaft zu verschieben. Damit solle Zeit gewonnen werden, um zwei aktualisierte Gutachten zur Bewertung der Banken zu prüfen.
Seitens der Bankgesellschaft und des Landes Berlin war in den vergangenen Tagen erklärt worden, man sehe keinen Grund für eine zeitliche Verzögerung und eine Neubewertung. In einer gemeinsamen Erklärung betonten Bankgesellschaft und Nord/LB zugleich, sie wollten die vereinbarte strategische Kooperation unter Wahrung der Unabhängigkeit ihrer Konzerne fortentwickeln.
Die geplatze Bankenfusion kritisierte gestern Michaele Schreyer, finanzpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen im Abgeordnetenhaus. Statt sich nach dem Zeitplan der Finanzsenatorin zu richten, hätte der Senat besser verhandeln müssen und die Schwierigkeiten bei der Fusion nicht „außer acht lassen dürfen“. Zugleich warnte sie den Senat davor, sich nun „der WestLB an den Hals zu werfen“.
Nach Ansicht Schreyers bedeutet die gescheiterte Fusion mit der Nord LB, daß sich nun der Senat in der Zwickmühle befinde, weil die anvisierten Veräußerungen der Bankgesellschaft nicht zum Tragen kommen.
Die Haushaltslücke für das Jahr 1999 von 2,4 Milliarden Mark sollte, so Schreyer, durch Vermögensverkäufe abgefangen werden. So drohe eine erneute Mehrbelastung des Haushalts. Die grüne Fraktionschefin hob zugleich hervor, daß die Fusion zwar „aufgeschoben, aber nicht aufgehoben“ sei.
Auch nach Ansicht des niedersächsischen Finanzministers Aller ist die Bankenehe „nicht endgültig vom Tisch“. Er sprach sich für weitere Gespräche aus. Die Grünen im Landtag in Hannover schlagen nach dem vorläufigen Scheitern der Bankenehe Hannover/Berlin vor, daß die Nord/LB nicht nur nach anderen Partnern sucht, sondern auch einen Alleingang an die Börse „ernsthaft prüft“. Zugleich bemängelte der Grünen-Politiker Michel Golibrzuch, die Bankgesellschaft habe offenbar „eine Menge zu verbergen, wenn sie eine seriöse Prüfung der neuen Bewertungsgutachten ablehnt“. rola/gess
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