: Keine Lust auf Biedenkopfs Banden-Billard
■ Sachsen will Rundfunkgebühr ersetzen. Länderstreit um Finanzierung von ARD und ZDF
Mit ihrem neuen Kinowerbespot hat sich die Einzugszentrale für Rundfunkgebühren (GEZ) richtig Mühe gegeben: Ein Gebühreneintreiber im Jerry-Cotton-Kostüm schreitet furchterregend durch eine trübe Straßenkulisse, in panischer Angst wirft ein Schwarzseher seinen Fernseher aus dem Fenster. Auf lustige Art will die GEZ das Image des dämlichen Bürokratiemonsters bekämpfen.
Zumindest bei Sachsens CDU- Regierung haben diese Anstrengungen nichts gebracht. Biedenkopfs Staatskanzlei möchte die GEZ am liebsten abschaffen. In einem Papier heißt es: „Alles in allem sprechen nicht nur die Kosten des Verfahrens, sondern auch die Kompliziertheit des Gebühreneinzugs, des Datenabgleichs und des Datenschutzrechts für eine Alternative zu der derzeitigen rechtlichen Ausgestaltung.“
Bisher kriegen ARD, ZDF und Deutschlandradio ihr Geld über Gebühren, die sie selber mit Hilfe der GEZ einziehen. Wer einen Fernseher hat, muß monatlich 28,25 Mark zahlen. Die Gebührenhöhe beschließen alle vier bis fünf Jahre die Bundesländer auf Empfehlung der unabhängigen Kommission KEF. Das System soll verhindern, daß deutsche Regierungen bei unliebsamer Berichterstattung, den Sendern schnell mal den Etat sperren oder kürzen können.
Jährlich werden für den Gebühreneinzug gut 170 Millionen Mark ausgegeben. „Eins steht fest“, sagte Michael Sagurna, Staatssekretär in Biedenkopfs CDU-Regierung, zur taz, „jede Alternative spart erhebliche Summen in dreistelliger Millionenhöhe“. Möglich sei, daß jeder Steuerbürger oder Haushalt zahle. Damit das Rundfunk-Geld nicht von Umschichtungen im Haushalt abhänge, sei eine „zweckgebundene Abgabe“ denkbar. Sagurna: „Uns würde es zunächst reichen, wenn die Ministerpräsidenten die KEF beauftragen, Alternativen durchzurechnen.“
Aus einem ARD-Sender hieß es dazu, die Betreuung eines Gebührenzahlers koste die GEZ jährlich nur fünf Mark. 1976, als noch die Bundespost den Gebühreneinzug abwickelte, seien es sechs Mark gewesen. Wenn Finanzämter die Arbeit übernähmen, sei das wie eine Umstellung von „hochmodernen Computern auf russische Dorfrechenmaschinen“.
Unfreundlich wird der sächsische Vorschlag auch von einer anderen Landesregierung aufgenommen. „Ich habe bei den Sachsen langsam das Gefühl, hier wird zu schnell etwas gesagt und dabei nicht gedacht“, sagte Klaus Gärtner, Staatskanzleichef der rot-grünen Landesregierung von Schleswig-Holstein, der taz. Er habe einmal gelernt, daß Rundfunkgebühren anders als Steuern möglichst politikfern festgesetzt und eingezogen werden müßten. Zudem sei das Modell „europarechtlich hoch riskant“. Die EU-Kommission werde dann erst recht sagen, ARD und ZDF bekämen unerlaubte Beihilfen vom Staat, fürchtet Gärtner. Er habe keine Lust auf so ein „Banden-Billardspiel“ mit den Sachsen. „Dann lieber einen Wiskey um zwölf Uhr nachts.“ Georg Löwisch
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