Bedenkenlos baggern

Gutachten: Elbvertiefung ist ökologisch verträglich. Naturschützer bemängeln fehlende Gesamtbewertung der Umweltrisiken  ■ Von Gernot Knödler

Die geplante Elbvertiefung gefährdet keine Lebensräume, Tier- oder Pflanzenarten, die nach den Richtlinien der Europäischen Union geschützt sind. Zu diesem Ergebnis ist ein Jahr nach Beginn des Planfeststellungsverfahrens eine Studie gekommen, welche die Hamburger Wirtschaftsbehörde in Auftrag gegeben hatte. Vom Landesverband des „Naturschutzbundes Deutschland“ (Nabu) wurde sie gestern heftig kritisiert: „Als unbedenklich eingestufte Einzelfaktoren können in der Summe durchaus gravierende Beeinträchtigungen zur Folge haben“, monierten die Umweltschützer.

Die Studie hat untersucht, ob durch das Ausbaggern der Elbe für große Containerschiffe Arten und Lebensräume gefährdet werden, die unter die Vogelschutz- und die Flora-Fauna-Habitat- („FFH“)-Richtlinie der Europäischen Union fallen könnten. Zwar kommt sie zu dem Schluß, daß acht von 15 untersuchten Vogelschutzgebieten entlang der Elbe und neun von 21 möglichen FFH-Gebieten durch das Projekt beeinträchtigt würden. Insgesamt stelle das Ausbaggern des Flusses jedoch „keine Beeinträchtigung der Schutzgebiete im Sinne der FFH-Richtlinie“ dar.

Der Nabu-Experte Uwe Westphal sieht das anders: Seiner Meinung nach bedroht die Elbvertiefung europaweit gefährdete Fischarten wie die Finte, den vom Aussterben bedrohten, seltenen Schierlings-Wasserfenchel und Europas einzigen Tide-Auenwald, das Naturschutzgebiet „Heuckenlock“ in Wilhelmsburg. In dem Gutachten würden zwar die Auswirkungen auf einzelne Arten und Biotoptypen sorgfältig aufgeführt, es fehle aber eine ökologische Gesamtbewertung.

„Für den einzelnen Organismus mag eine geringfügige Änderung des Tidenhubs in der Elbe tolerabel sein, ebenso eine geringfügige Zunahme der Salzhaltigkeit, der Strömungsgeschwindigkeit oder der Wassertrübung“ – all das zusammen kann jedoch eine fatale Konstellation ergeben, argumentiert daher die „Arbeitsgemeinschaft Paragraph 29“, ein Zusammenschluß von Hamburger Umweltverbänden, in dem auch der Nabu organisiert ist.

Aus diesem Grund hätte nach Ansicht der Naturschützer auch das geplante Zuschütten des Mühlenbergers Lochs „in die Risikoabschätzung für die Elbvertiefung einfließen müssen“. Umgekehrt müßten die Auswirkungen der Elbvertiefung im Planfeststellungsverfahren für die DASA-Erweiterung berücksichtigt werden.

Nach Ansicht Westphals kommt das Gutachten ohnehin viel zu spät, denn das Anhörungsverfahren, in dem BürgerInnen, Firmen und Organisationen ihre Bedenken äußern konnten, ist vorbei. „Ich bin der Meinung, daß das Verfahren deshalb wiederholt werden muß“, sagt der Nabu-Experte.