Pipeline in Kolumbien explodiert

Mindestens 45 Tote bei Explosion von Erdölleitung. Die Regierung macht Guerillagruppe für Anschlag verantwortlich, will den Friedensprozeß aber weiter fortsetzen  ■ Von Ingo Malcher

Buenos Aires (taz) –Mindestens 45 Tote und 100 Verletzte forderte die Explosion der größten Ölpipeline Kolumbiens. Die Bewohner von zwei Dörfern in der Nähe der Stadt Segovia, 400 Kilometer nordwestlich von Bogotá, wurden im Schlaf überrascht, als die Ocensa- Ölleitung Sonntag nacht explodierte. Verteidigungsminister Rodrigo Lloreda machte das „Nationale Befreiungsheer“ (ELN), die zweitgrößte Guerilla des Landes, für den Anschlag verantwortlich. Die Regierung beruft sich auf Zeugenaussagen, wonach ELN- Kämpfer die Pipleline bei den Dörfern Machuca und Fraguas in der nordwestlichen Provinz Antioquia gesprengt hätten. Das ELN soll auch eine Brücke zerstört haben, um den Zugang in das Gebiet zu erschweren. Die Guerillagruppe soll allein in diesem Jahr bereits 62 Anschläge auf Ölpipelines verübt haben. Nach der Explosion am Sonntag strömte brennendes Rohöl aus der Pipeline in den nahe gelegenen Cocune-Fluß und steckte 60 Häuser in Brand. Berichten zufolge versuchten Dorfbewohner sich in den Fluß zu retten, wurden dort aber von der Feuerwalze überrascht, die auch die Straße blockierte.

Kolumbiens Präsident Andres Pastrana verurteilte vom Ibero- Amerika-Gipfel im portugiesichen Porto aus den Anschlag und forderte von den Aufständischen „konkrete Gesten des Friedens“. Sowohl das ELN wie auch Kolumbiens größte Guerillagruppe FARC haben sich zu Friedensgesprächen mit der Regierung verpflichtet. Allerdings hatte das ELN betont, es führe Gespräche „inmitten des Krieges“. Pastrana schloß einen Abbruch der Friedensverhandlungen aus. Er sagte: „Die Regierung und die Zivilgesellschaft Kolumbiens werden weiterhin nach Frieden suchen.“

Die Provinz Antioquia ist ein Hauptoperationsgebiet des ELN. Bereits früher wurde dort ein Anschlag auf die Ocensa-Pipeline verübt. Die 800 Kilometer lange Ölleitung, an der British Petroleum (BP) beteiligt ist, verbindet das Cusiana-Cupiagua-Ölfeld mit dem Hafen Coveñas an der Karibik- Küste. Täglich fließen durch die überwiegend unterirdische Pipeline rund 400.000 Barrel (64 Millionen Liter) Rohöl. Die Leitung konnte erst im vergangenen Jahr eingeweiht werden, weil es bei den Bauarbeiten immer wieder Sabotageakte des ELN gab. Am Wochenende hatte der britische Guardian berichtet, daß die Betreiberfirma zum Schutz der Leitung Soldaten mit Verbindungen zu Todesschwadronen ausgerüstet habe, die für Massaker an der Zivilbevölkerung verantwortlich gemacht werden. BP wies die Vorwürfe zurück, suspendierte aber den für Ocensa zuständigen Sicherheitschef.