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■ Die Hochschule für Musik ehrt den aufrechten Kommunisten Hanns Eisler. Warum eigentlich?

„Vorwärts und nicht vergessen!“ Als Hedwig Florey bei einer Chorprobe fragte, wer denn das Solidaritätslied nicht kenne, war sie einigermaßen erschüttert: „Es meldeten sich nur die jungen Leute. Da wußte ich, daß es richtig war, das Stück mit ins Programm zu nehmen.“ Hanns Eisler, der das Lied 1931 für den Brecht-Film Kuhle Wampe komponiert hat, wäre am 6. Juli diesen Jahres hundert Jahre alt geworden. Anlaß genug für die Hochschule für Musik und Theater, den aufrechten Kommunisten mit vier Abendveranstaltungen zu würdigen.

„Seit einem Jahr planen wir dieses kleine Festival“, erklärt Organisator Professor Peter Michael Hamel, „obwohl man mit gewissem Recht fragen könnte, warum eigentlich.“ Vor einem Jahr sei Schubert 200 Jahre alt geworden, und niemand habe gefeiert. „Und Eisler hat eigentlich auch nichts mit Hamburg zu tun.“ Doch im Harvestehuder Weg fanden sich mit Hamel und Florey zwei profunde Kenner des Komponisten, die dessen musikalische und politische Bedeutung zu würdigen wissen.

Eislers vielschichtiges Werk läßt viele Interpretationen zu. Als Schönberg-Schüler widmete er sich der Zwölftonmusik. In Amerika schrieb er Filmmusiken. In der DDR, deren Hymne „Auferstanden aus Ruinen“ er nach dem Text von Johannes R. Becher komponierte, war er der repräsentative, wenn auch unbequeme Musiker, der trotz aller Gängelungen und Einmischungen weiterhin die Staatslinie vertrat. Wenn auch oft verbittert. Am bekanntesten aber ist seine Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht.

So ist es gerechtfertigt, daß Hamel das Komponisten/Texter-Duo in den Mittelpunkt der Veranstaltungen stellt. Schon am ersten Abend aber wird mit und an Eisler gearbeitet. Simon Stockhausen, Sohn von Karlheinz, hat seine Songs neu arrangiert: „Ich empfand es als eine große Herausforderung, diese „alte Musik“ durch die mir zur Verfügung stehenden elektronischen Mittel ins Jetzt zu transportieren.“ Auf Saxophon und Synthesizer begleitet er die Sängerin Maria Husmann.

Am zweiten Abend – „Fragen Sie mehr über Eisler“ – singt der Bariton Wiliam Workman, begleitet vom Kammerorchester der Hochschule, die „Ernsten Gesänge“ aus dem Jahre 1962. Dazu wird aus dem Libretto „Johannes Faustus“ gelesen. 1952 wurde der Text von den Kulturbonzen der DDR öffentlich zurückgewiesen. Eisler, der in dieser Oper eigentlich sein Hauptwerk sah, hat aufgrund dessen das Werk tatsächlich nie komponiert und zog sich mehr und mehr aus der stalinistischen Schickeria zurück. Ein Gespräch mit dem Sprach- und Literaturwissenschaftler Hans Mayer, damals selbst an der Kulturpolitik beteiligt, rundet diesen Themenbereich ab.

Unter der Leitung von Hedwig Florey singt der „Chor der Eislerfreunde“ Lieder Eislers zu Texten von Brecht und Tucholsky, unter anderem das Solidaritätslied. Titel dieses Abschlußabends: „Ändere die Welt, sie braucht es.“

Eberhard Spohd

„Das Große bleibt groß und klein nicht das Kleine“, Fr, 23.10., 21 Uhr; „Fragen Sie mehr über Eisler“, Sa, 24.10., 20 Uhr; „Ändere die Welt, sie braucht es“, Mi, 28.10., 20 Uhr; Hans Mayer im Gespräch, Montag 2.11., 20 Uhr; alle Veranstaltungen in der Hochschule für Musik und Theater, Harvestehuder Weg 12