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■ Bitte!Nicht angeln, Fischer!

Danke, Helmut Kohl! sagte die taz in einer Serie vor der Wahl. Jetzt kommt Rot-Grün, und wir lassen prominente und andere kompetente Menschen „Bitte!“ sagen. Was ist Ihr dringendster Wunsch an Rot-Grün? Warum halten Sie ihn für realistisch?

Zwei alte Männer sitzen im Boot und angeln. Dieses Pressefoto von 1996 symbolisierte wie kein anderes die Männerfreundschaft, die Bundeskanzler Kohl mit Indonesiens Diktator Suharto verband. Angler sind Amateure, lernte ich von meinem Opa. Fischer, erklärte er mir, heißen die, die es professionell betreiben. Opa ist lange tot. Nun muß Fischer beweisen, daß er wirklich ein Profi ist. Dreh- und Angelpunkt einer möglichen Veränderung ist die Frage, ob es Fischer gelingen wird, die Außenpolitik vom Kanzleramt zurückzuholen ins Auswärtige Amt. Natürlich wird Fischer nicht mit Präsident Suharto ins Boot steigen. Suharto mußte im Mai abdanken und erklärte Habibie – auch er ein Freund Kohls – zu seinem Nachfolger. Der versprach ein Ende der Diktatur und rief die Ära der „Reformasi“ aus. Diese kommt einer Diktatur aus dem Reformhaus gleich.

Noch immer befinden sich ost-timoresische Widerständler und ehemalige Kommunisten hinter Gittern. Von einem Kanzler, der zu Hause mit Roten Socken gegen die Opposition hetzen ließ, konnte freilich kaum erwartet werden, daß er sich glaubwürdig für inhaftierte Kommunisten in Indonesien einsetzt.

Ich wünsche mir, daß das Drängen auf echte „Reformasi“ Teil rot-grüner Reformen wird. Die kurzsichtige Stützung autoritärer Regime muß ein Ende haben. Durch die Asienkrise muß gerade die Wirtschaft lernen, daß Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ihren Stabilitätsinteressen langfristig am besten dienen. Für die betroffenen Menschen wünsche ich mir, daß diese Werte in den Mittelpunkt der zukünftigen Außenpolitik gestellt werden. Denn wir sitzen alle in einem Boot. Aber bitte ohne Angel. Alex Flor

Alex Flor arbeitet bei der Menschenrechtsgruppe Watch Indonesia! in Berlin Foto: privat

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