: Teilen und herrschen
■ Springer-Verlag: Ausgliederung von Betriebsteilen sorgt für Unruhe
Unter den 4.000 Beschäftigten des Axel-Springer-Verlagshauses an der Kaiser-Wilhelm-Straße kommt Unruhe auf. Der Konzern-Vorstand hat beschlossen, Aboverwaltung und Anzeigenaufnahme seiner größten Zeitungen in ein „Call-Center“ auszugliedern. Die Folgen dieses „Outsourcing“ könnten Sozial- und Tarifabbau sein, befürchten die IG Medien und die Deutsche Angestelltengewerkschaft.
Mit einer Flugblattaktion versuchten gestern morgen beide Gewerkschaften, die Beschäftigten des Verlages zu informieren. Hamburgs IG Medien-Chef Günther Metzinger: „Ohne Gegenwehr werden alle betroffen sein.“ Denn nach Informationen des Springer-Betriebsrates ist das Outsourcing dieser Bereiche nur der erste Schritt eines vierteiligen Betriebsaufspaltungs-Programms. „Der Verlag ist so strukturiert, wir können jederzeit auch ausgegliedert werden“, erkannte gestern ein Mitarbeiter einer großen Springer-Zeitschrift.
Nach Betriebsratsinformationen ist schon jetzt beschlossene Sache, daß bis 2001 die Services von WamS, BamS, Abendblatt und Bild abgespalten werden. Welche Redaktionen in eigenständige Profitcenter umgewandelt werden sollen, ist noch nicht bekannt.
Die Intention des Springer-Vorstandes ist klar. Durch das Splitting sind die neuen Gesellschaften nicht mehr tarifgebunden und besitzen – zumindest zunächst – keinen Betriebsrat. Die „neuen“ Mitarbeiter müssen dann mit dem Call-Center Individual-Verträge abschließen. Diese beinhalten, so lehren frühere Beispiele, oft gravierende Verschlechterungen.
Bei einer ausgegliederten „Bauer KG“ des Hamburger Heinrich Bauer Verlags gab es weniger Urlaub und Urlaubsgeld sowie weniger Sozialleistungen, dafür aber eine höhere Wochenarbeitszeit. Auch die jetzt bei Springer geltenden Betriebsvereinbarungen dürften für die Call-Center-MitarbeiterInnen keine Anwendung mehr finden. „Selbst wenn jemand im eigenen Haus wechselt“, weiß Metzinger, „muß er einen neuen Vertrag abschließen. Und die Bedingungen diktiert dann der Konzern.“
Kai von Appen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen