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Der große Frust

■ Umfrage der Polizeigewerkschaft unter BeamtInnen lieferte gewünschtes Ergebnis

Gewichtig weist Joachim Lenders, Vorsitzender des Hamburger Landesverbandes der „Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG)“ auf den Ordner, den die Umfrage über „Unzufriedenheit und Frust in der Polizei Hamburg“ füllt. Das Ergebnis des komplexen Werkes lasse sich auf einen kurzen Nenner bringen: Der „große Frust“ der Hamburger PolizistInnen über ihre Arbeit sei „katastrophal und niederschmetternd“.

Liest man die 16 Fragen, welche die Gewerkschaft in den vergangenen Wochen 1523 BeamtInnen im Alter zwischen 20 und 60 Jahren stellte, wundert das Ergebnis allerdings nicht. Die PolizistInnen mußten nicht etwa selbständig Kritik anmelden, sondern nur Thesen zustimmen oder zurückweisen. Zum Beispiel: „Permanente personelle Unterbesetzungen haben negative Auswirkungen auf Dienst- und Freizeitgestaltung.“ Wer kann dazu schon nein sagen? Niemand natürlich, und so fanden sich die meisten Kreuzchen in der Rubrik „Stimmt“. Auch daß „nachträgliche Besserwisserei bei polizeilichem Einschreiten zu Verunsicherung führt“, konnten über 60 Prozent der PolizistInnen bestätigen, ebenso, daß „Vorschläge und Verbesserungen aus den ,unteren Reihen' in den Instanzen zerpflückt“ werden.

Bereits 1995 hatte die DPolG eine vergleichbare Umfrage unter den BeamtInnen durchgeführt. Hatten damals noch 60,27 Prozent der PolizistInnen sich als „willkommener Buhmann“ empfunden und beklagt, daß die Öffentlichkeit wenig Verständnis für polizeiliche Aufgaben aufbringe, bemängelten dies in diesem Jahr nur noch 42,0 Prozent. „1995 war der Hamburger Polizeiskandal“, erinnert Lenders.

Mit der Vorlage des Berichtes beendete die DPolG ihren Landeskongreß, den sie alle fünf Jahre veranstaltet. Auch der Bundesvorsitzende Gerhard Vogler war dazu aus Bayern angereist. Er zeigte sich erschüttert über die hiesige Landespolitik. Da habe doch ernsthaft eine GAL-Politikerin gesagt, „wenn eine Fensterscheibe kaputtgeht, soll man den Glaser holen“. Vogler fassungslos: „Demnächst heißt es noch, wenn Sie eine Leiche finden, rufen Sie den Leichenbestatter und nicht die Polizei.“ Elke Spanner

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