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Breite Front gegen Niederbremer

■ Empörung über Mietshaussanierung mit Ferienwohnung

Die Enthüllung der taz, daß Europa-Staatsrat Günter Niederbremer (CDU) die Fassade seines Mietshauses illegal von zwei Polen sanieren ließ, hat gestern eine Welle der Empörung ausgelöst. Wie berichtet, hatte Niederbremer zunächst behauptet, die Männer hätten an seinem Ferienhaus gearbeiteit. Bei dem Haus in Denstorf handelt es sich allerdings um ein Mietshaus mit vier Parteien, in dem Niederbremer nur eine Ferienwohnung unterhält.

„Die CDU ist jetzt gefordert, die Sache zu bereinigen und den Staatsrat zu entlassen“, sagte AfB-Chefin Elke Kröning. Auch die Grünen bekräftigten ihre Rücktrittsforderung. „Senator Hattig muß Niederbremer sofort entlassen“, forderte Klaus Möhle, baupolitischer Sprecher der Grünen. „Die illegale Sanierung einer Mietshausfassade ist kein Kavaliersdelikt. Der von Herrn Niederbemer als Freundschaftsdienst am Wochenendhaus verahrmloste Fall erscheint jetzt in einem neuen, häßlichen Licht. Wenn Hattig Niederbremer nicht entläßt, fällt das auf die Koalition als Ganzes zurück. Mit Blick auf die Schwarzarbeitdebatte in der Bürgerschaft wäre es ein kaum zu überbietendes Beispiel scheinheiliger Doppelmoral.“

Auch Teile der SPD haben sich gestern für Konsequenzen im Fall Niederbremer ausgesprochen. Als „peinlich“ bezeichnete Wolfgang Jägers, Geschäftsführer der Baugewerkschaft IG Bau, die Affäre. „Allein in Bremen sind nur im Bauhauptgewerbe zur Zeit 1.500 Bauleute arbeitslos, in Deutschland fast 250.000. Senator Hattig muß Niederbremer entlassen.“ Jägers ist auch SPD-Bürgerschaftsabgeordner und hatte sich im Juni in der Bürgerschaft für verschärfte Maßnahmen gegen Schwarzarbeit ausgesprochen. Das Verhalten Niederbremers könne „nicht länger hingenommen werden“, forderten auch die Arbeitnehmer in der SPD den Rücktritt Niederbremers. „Daß die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen eine Geldbuße eingestellt hat, ist kein Grund, den Vorwurf zu verniedlichen“, betonte Wolfgang Grotheer, Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Bremen-Stadt. Grotheer forderte die Einrichtung eines unabhängigen Disziplinaranwalts, weil nicht auszuschließen sei, daß Hattig seinen Staatsrat aus politischen Grünen schützen wolle. Der Rücktritt Niederbremers sei „zwingend“ erklärte auch die Junge Union. Er solle freiwillig zurücktreten, um seine Partei, die CDU nicht zu belasten. CDU-Fraktionschef Ronald-Mike Neumeyer bezeichnete die Affäre in einem Radio-Interview „als ärgerlich“. kes

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