: „Hühner sind doch keine Kartoffeln“
Tierschutz in Hamburg: „Razzia“ auf dem Fischmarkt und Aktion gegen Pelze ■ Von Kai von Appen
Die gelben Kappen waren ihr Erkennungszeichen und zugleich der Ausweis: Ein Dutzend Mitglieder des Hamburger Tierschutzvereins sowie der Amtsarzt des Bezirks Altona, Dr. Otto Horst, führten am frühen Sonntag morgen auf dem Hamburger Fischmarkt eine „Razzia“ durch. An fast allen Ständen gibt es etwas zu monieren.
„Wo sind die alle geblieben“, wundert sich Veterinär Horst zu Beginn des Rundgangs. Offenkundig war die Nachricht von der geplanten Aktion durchgesickert, so daß sich viele der üblichen Händler nicht blicken ließen. Dennoch gibt es für die TierschützerInnen genügend zu tun.
„Die haben ja gar kein Stroh im Käfig, das brauchen sie aber“, mahnt Horst an einem Meerschweinchen-Käfig. Die Händlerin legt Stroh nach mit der Bemerkung: „Jetzt kann man sie gar nicht mehr sehen.“ Auf dem Anhänger wird ein zugestellter Karton mit Hamstern entdeckt: „Die haben ja gar kein Wasser“, kritisiert der Veterinär. „Is doch nur für zwei Stunden“, verteidigt sich die Verkäuferin. „Nein, das ist nicht in Ordnung“, so Horst.
Auch am Nebenstand gibt es Mängel. Der Händler muß seine Kaninchen in andere Käfige umsetzen. „Fünf Tiere auf diesem engen Raum ist zuviel“, belehrt Horst den Mann. Wolfgang Poggendorf, Vorsitzender des Hamburger Tierschutzvereins, versucht dem Verkäufer ins Gewissen zu reden: „Es gehört nicht mehr in die Zeit, mit Tieren auf dem Markt zu handeln.“ Der Tierschutzverein möchte nämlich beim Senat ein Verbot des Handels mit Tieren auf dem Fischmarkt durchsetzen. Poggendorf: „Schon die Präsentation ist ein Streßfaktor, vom Transport ganz abgesehen.“
Einige Stände weiter sind Hühner in einem Käfig dermaßen zusammenpfercht, daß sie sich nicht bewegen können und die Köpfe gegen das Käfigdach gedrückt werden. Als der Händler aus Delmenhorst die Tierschützer samt Journalistentroß bemerkt, geht er mit Fäusten auf ein Filmteam los. Der Veterinär kann jedoch den Mann beruhigen und dazu bewegen, die Hühner auf mehrere Käfige zu verteilen. „Wir werden das jetzt jede Woche überprüfen“, droht Pog-gendorf. „Wenn sich nichts ändert, werden wir die Staatsanwaltschaft einschalten.“
An einem weiteren Stand wird ebenfalls ein Käfig voller Hühner entdeckt. „Das war doch nur für den Transport“, verteidigt sich der Händler. „Meine sind alles freilaufende Hühner, so freilaufend, daß Sie sich das gar nicht vorstellen können“. Bei Poggendorf kommt er damit nicht durch: „Hühner sind keine Kartoffeln – einfach in den Sack stecken!“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen