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Elektroschrott als Testfall

■ Ein Recyclingbetrieb in Gröpelingen bereitet 50 Langzeitarbeitslose auf den Wiedereinstieg ins Berufsleben vor / Die Vermittlungsquote ist aber eher dürftig

„Man muß eben irgendwie aus dem Morast der Arbeitslosigkeit herauskommen.“ Wolfgang Behme steht zwischen den Kisten voll Elektroschrott, die er und seine Kollegen tagtäglich mit Platinen, Kabeln oder Plastikgehäusen füllen. Früher fuhr er zur See. Früher war der Mann mit dem gemütlichen Schnauzer auch Elektromaschienenbauer. Dann arbeitslos. Dabei empfand er das gar nicht so. „Ich hatte immer Arbeit, zuletzt war ich Hausmann. Aber das war wohl nicht produktiv genug für die Gesellschaft.“ Das Arbeitsamt stieg ihm aufs Dach. Arbeiten oder Stütze-Kürzung, so lautete die Alternative.

Kaputt, aber komplett landet jetzt der gesamte von Privatpersonen gesammelte Elektroschrott Bremens auf seinem Tisch. Einzeln und in Handarbeit werden die Geräte hier nach wiederverwertbaren Stoffen ausgeweidet. Behme arbeitet beim Wertstoff Recycling West (WRW) im Hafengebiet in Gröpelingen, einem Betrieb, der 50 Langzeitarbeitslose beschäftigt. Das soll den Wiedereinstieg in einen normalen Berufsalltag erleichtern. Doch schon nach einem Jahr müssen die Mitarbeiter sich auf dem ersten Arbeitsmarkt umsehen, länger können sie nicht beschäftigt werden. Die guten bekommen am Ende der Maßnahme noch ein Praktikum vermittelt. Dennoch landen viele wieder in der Arbeitslosigkeit – die offizielle Vermittlungsquote liegt gerade mal bei 10 bis 20 Prozent.

„Hier arbeiten Leute, die fallen durch alle Raster“, sagt Matthias Kühn, Chef der WRW. „Die meisten sind faktisch für den Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar, oft aus gesundheitlichen Gründen. Aber krank genug für die Anerkennung einer Berufsunfähigkeit sind sie eben doch nicht.“ Seit 1992 existiert das Projekt, vom Arbeitssenator und der Sozialsenatorin ebenso gefördert wie durch EU-Gelder und durch das Arbeitsamt. Aufträge zum Sortieren von Elektroschrott bekommt die WRW vor allem von der Ex-BEB. Die ausgedienten Computer oder durchgenudelten Tonbandgeräte, die man auf den Recyclinghöfen abgeben kann, landen alle bei der WRW in der Neptunstraße. Durch den Verkauf der sortierten Rohstoffe an Firmen kommt auch wieder Geld in die Kasse. Ansatzweise marktfähig wäre das personalintensive Sortieren wohl aber dann doch nicht.

Nach Jahren der Arbeitslosigkeit, die oft mit Einsamkeit verbunden ist, fällt vielen schon die Integration in die Gruppe schwer. „Zwei Monate brauchen die meisten alleine dafür, um sich hier innerlich wieder auf die Arbeit einzulassen“, sagt Metallsortierer Behme. Viele geben vorher auf und steigen aus. Vielleicht ist da am Anfang auch viel Unwillen, weil das Arbeitsamt im Nacken sitzt. Jedenfalls ist ein Jahr nicht genug, wenn schon, denn schon, „zwei Jahre müßten es schon sein“, sagt sein Kollege Karl-Heinz Tobehn. Behme nickt. „Von uns wird Solidarität mit den anderen Arbeitslosen gefordert, deshalb sollen wir nach einem Jahr Platz machen.“ Eigentlich, findet Behme, sei das nur absolut fair, wenn auch die Firmenleitung, die wenigen Festangestellten des Betriebs, ab und an mal rausrotieren würden. „Auch in deren Bereich gibt's schließlich viele Arbeitslose“, meint er.

So schlagen zwei Herzen in seiner Brust – einerseits ist der Job für viele tatsächlich eine Möglichkeit, wieder auf den Boden zu kommen. Andererseits ist in seinen Augen alles nicht konsequent genug: Zu viel Zwang, zu wenig Fortbildung. Nur ein Tropfen auf den heißen Stein, eben.

Christoph Dowe

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