: Taugt das Ländliche nur noch zur Satire?
betr.: „Die neuen Minister am Kanzlertisch“, „Alles andere als bäuerlich“, taz vom 21. 10. 98
Nach drei Wochen Koalitionsverhandlungen heute auf Seite 4 endlich ein erster Hinweis in der taz, daß es auch einen Landwirtschaftsminister gibt! Aber selbst bei der Vorstellung von Karl-Heinz Funke kein einziges Wort dazu, was es denn für eine Politik sein könnte, die er anstrebt. Die sieben Zeilen sind weniger als die Hälfte, die Ihr jeder anderen neuen MinisterIn zubilligt. Und plötzlich entdecke ich auf Seite 20 (Die Wahrheit), daß Funke in der neuen Serie „Bei Ministers zu Hause“ als erster drankommt. Aber der Artikel ist „Wahrheits“gemäß natürlich inhaltsleer.
Ich bin ziemlich erschüttert, daß bei Euch die Provinz und das Ländliche offensichtlich nur noch zur Satire taugen.
Nur nebenbei wäre zu erwähnen, daß im Landwirtschaftsministerium der Wechsel nicht nach 16 Jahren, sondern nach einem halben Jahrhundert stattgefunden hat: mit Ertl ist auch während der sozialliberalen Koalition „Kontinuität“ bewahrt worden. Hier ist ausmisten wahrlich angesagt.
Ob Funke hierfür die richten Konzepte hat, wage ich zu bezweifeln. Aber warum das so ist – oder ob meine Befürchtungen falsch sind –, das hätte ich irgendwann auch mal gerne bei Euch nachlesen wollen. Frieder Thomas, Kassel
Neoliberale Wirtschaft scheitert weltweit
betr.: „Scharping, Stollmann ... Oskar beißt sie alle weg“,
taz vom 20. 10. 98
Auf der ersten Seite die Überschrift, „Scharping, Stollmann ... Oskar beißt sie alle weg“, halte ich für unmöglich.
Da wird die Verdrossenheit der Bürger über die Parteien und Politiker beklagt und Sie vermitteln den Eindruck, daß es bei den Koalitionsverhandlungen vor allem um persönliche Machtkämpfe ginge. Es muß ja nicht unehrenhaft sein, wenn Lafontaine die ihm wichtig erscheinenden Zukunftskonzepte durchzusetzen versucht.
Daß die Unternehmerfunktionäre das Ende der für sie gewinnträchtigen Kohl-Ära bedauern, ist nicht verwunderlich. Offenbar ist ihnen noch nicht aufgegangen, daß die neoliberale Wirtschaft auf der ganzen Welt am Scheitern ist und daß neue politische Konzepte nötig sind.
An Aufklärung in dieser Richtung, mangelt es in der taz, worüber ich verwundert bin. Karl Keutler, Lindenfels
Kein Frieden mit militärischen Mitteln
betr.: „Bundestag meldet Vollzug: Ja zum Kosovo-Einsatz“,
taz vom 17./18. 10. 98
Die meisten ParlamentarierInnen haben im Bundestag leider für eine deutsche Beteiligung am Nato-Militäreinsatz im Kosovo gestimmt.
Wer dem neuen Bundestag angehört und dort eine verantwortungsvolle Friedenspolitik machen will, sollte sich dort dafür einsetzen, daß die Friedensforschung und die soziale Verteidigung stark gefördert werden. Sie befassen sich mit Methoden der gewaltfreien Konfliktlösung und -verhütung, die allein eine Aussicht auf dauerhaften Frieden in der Welt bieten. Allerdings erhalten sie bisher nur lächerliche Beträge vom Bund, während der Wehretat weiterhin fast 50 Milliarden Mark verschlingen soll.
Eine deutliche Umverteilung der Mittel ist hier dringend notwendig. Dauerhafter Frieden kann mit dem Militär nicht geschaffen werden, da es Kriege austrägt und mitunter sogar beginnt. Der Einsatz von Militär ist kein Mittel der Politik, sondern ein Zeichen dafür, daß die Politik längst versagt hat.
Das Militär gehört abgeschafft. Deutschland sollte diesbezüglich eine Vorreiterrolle übernehmen, da es nicht bedroht, sondern von Verbündeten umgeben und die Bundeswehr somit überflüssig ist. Joachim Fischer, Bremen
Dem Radio gebührenden Platz einräumen
betr.: „Die vergessene Kraft des Wortes“, (Rundfunk in Deutschland wird 75 Jahre alt), taz vom 17. 10. 98
Nachdem Carsten Otte in seinem Artikel die 75 Jahre des Rundfunks in Deutschland so gelungen beschrieben hat, sollten die tazler von „Flimmern und Rauschen“ dem Radio und seinem Programm auch den gebührenden Platz einräumen. Ein kleiner Beitrag wäre ja schon damit getan, wenn Harald Keller bei seinen TV-Tips fürs Wochenende die Hälfte für Radio-Tips abgäbe.
Aber ich befürchte, daß diese „Service-Leistung“ ebenso kläglich ausfällt, wie daß täglich abgedruckte Fernsehprogramm. Bei einem Eurer nächsten Werbegeschenke für Neu-tazler wäre eine Lupe von Vorteil. Dann ließe sich das TV-Programm bestimmt entziffern. Volker Schaffranke, Berlin
Andere Konfliktgebiete dieser Welt
betr.: „Der Kosovo – ein Präzedenzfall“, Kommentar von Erich Rathfelder, taz vom 15. 10. 98
Die Idee ist gar nicht so schlecht, den Ansatz des Kosovokonfliktes auch auf andere Konfliktgebiete dieser Welt zu übertragen.
Ich hätte es sehr wichtig gefunden, wenn Herr Rathfelder neben den Kurden auch die Tibeter erwähnt hätte. In Tibet werden seit Jahrzehnten die Menschenrechte massiv verletzt. Ein ganzes Volk, ja sogar eine ganze einzigartige, friedliebende (!) Kultur wird demnächst durch die Chinesen vernichtet sein.
Aber so einem starken Gegner traut sich die UN oder die Nato wohl nicht zu drohen. Schade. Wolfgang Bunde, Nordstemmen/Rössing
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