: Deeskalation bis zur Armfraktur
■ Der Anmelderin einer Kurdendemo am vergangenen Samstag wurde von einem Polizisten der Unterarm gebrochen, als sie vermittelnd eingreifen wollte. Spätfolgen nicht ausgeschlossen
Wie erst jetzt bekannt wurde, wurde Uta S., Anmelderin einer kurdischen Demonstration am vergangenen Sonnabend, im Verlauf der Demo von Polizeibeamten schwer verletzt. Im Elisabeth- Krankenhaus in der Lützowstraße mußte ihr in einer zweieinhalbstündigen Operation eine komplizierte Unterarmfraktur durch Platten und Nägel begradigt werden. Darüber hinaus diagnostizierten die Ärzte Schädel- und Gesichtsprellungen mit starken Blutergüssen. Ob das Ellenbogengelenk ohne Bewegungseinschränkungen bleibe, sei noch unklar. Nach einer Nacht auf der Intensivstation wird sie nach Angaben der Ärzte noch einige Wochen im Krankenhaus bleiben müssen. Ein Polizeisprecher bestätigte auf Anfrage der taz, daß die Demo-Anmelderin verletzt wurde und Strafanzeige gegen beteiligte Beamte gestellt hat. Ein Verfahren wegen Körperverletzung im Amt sei eingeleitet worden. Wie und warum Uta S. verletzt wurde, konnte der Sprecher nicht sagen.
Uta S. ist Mitglied im Vorstand des kurdisch-deutschen Vereins KOC-DIM (Demokratische ImmigrantInnen-Organisation), der die Demo unter dem Motto „Für ein friedliches Kurdistan“ veranstaltete. Anlaß waren unter anderem die Angriffsdrohungen der Türkei gegen Stützpunkte der kurdischen PKK in Syrien.
Bei einem Vorgespräch habe ihr der polizeiliche Einsatzleiter Marschner ein sofortiges Eingreifen seiner Beamten bei Verstößen gegen das Demonstrationsrecht angekündigt, berichtet Uta S. Seit einer Demonstration im Juli 1995, bei der zahlreiche PKK-Fahnen gezeigt wurden, habe die Staatsanwaltschaft allen Polizeibeamten, die das Zeigen verbotener Symbole tolerierten, ein Verfahren wegen Strafvereitelung im Amt angedroht. Damit habe der Einsatzleiter sein Vorgehen begründet, so Uta S. Dennoch habe sie sich mit ihm darauf geeinigt, den VeranstalterInnen die Möglichkeit zu geben, TrägerInnen verbotener Zeichen – insbesondere solchen der PKK – zu überzeugen, diese wieder wegzupacken.
Genau so sei auf der Demonstration verfahren worden, berichten Demonstrationsteilnehmer übereinstimmend. Trotzdem hätten wenig später Polizeibeamte die Demonstration angegriffen und immer wieder versucht, einzelne TeilnehmerInnen aus der Menge heraus wegen inzwischen eingepackter Fotos des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan festzunehmen. Auch Fahnen legaler kurdischer Organisationen seien Opfer polizeilicher Sammelwut geworden.
Als ein am Boden liegender Kurde zusammengetreten wurde, berichtet Uta S., habe sie in Begleitung ihres Verbindungsbeamten versucht, den Schläger aufzufordern, daß er mit seinen Gewalttaten aufhöre. Daraufhin habe ihr dieser Beamte den Arm verdreht und sie selbst mit Gewalt zu Boden geworfen. Dabei sei es zu den schweren Verletzungen gekommen. Bernhard Hummel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen