: Samba im Olympiastadion
Berliner Fußballfans erlebten ein Lokalderby der besonderen Art: Tennis Borussia besiegte Favorit Hertha BSC 4:2 ■ Von Barbara Junge
Berlin (taz) – Lila-weißes Feuerwerk funkelt über dem Stadionrund, lilafarbene und weiße Luftballons steigen gen Himmel, Silberkonfetti weht weit über den grünen Rasen, dürftig bekleidete Samba-TänzerInnen tanzen zur Spieleröffnung, und brasilianische Trommeln dröhnen am Fanblock vom Tennis Borussia – Besucher des Berliner Olympiastadions haben am Mittwoch abend einmal erlebt, wie deutscher Fußball auch sein kann. Bunt, multikulti, spaßig und keine Spur aggressiv.
Statt bierernster Holzerei sahen 41.000 BerlinerInnen, die zum Pokalspiel zwischen den beiden Berliner Clubs Hertha BSC und Tennis Borussia Berlin ins traditionsbeladene Olympiastadion gekommen waren, ein wahres Fußballfest. Nicht nur das sensationelle Ergebnis – der kleinere Club TeBe schlug den Favoriten Hertha mit 4:2 – sorgte für Stimmung im Stadion. TeBe, eigentlich beheimatet im kleineren Mommsenstadion, war trotz Heimrechts in der Pokalpartie, Hertha zuliebe, ins 70.000 Zuschauer fassende Olympiastadion umgezogen. Doch die TeBeler – Clubfarben Lila und Weiß – ließen es sich nicht nehmen, den Abend auf ihre Art zu umrahmen.
Die Partie zwischen den beiden Clubs war mit Spannung erwartet worden. Ein Lokalderby eben, aber ein Lokalderby der besonderen Art. Hertha BSC, der Erstligist, der Weddinger Traditionsverein, steht für bodenständige Fankultur – teilweise mit eindrucksvollem Rechtsdrall. Tennis Borussia (TeBe), der gerade erst aufgestiegene Zweitligist, ist der Verein aus dem wohlhabenderen Bezirk Charlottenburg. In seiner Fankurve treffen die Fans aus besseren Zeiten mit fußballbegeisterten StudentInnen und denjenigen zusammen, die sich sonst angesichts der harten Manieren nicht für Fußball erwärmen können. Und bei TeBe spielen größtenteils Nichtdeutsche. Den Rechtsgestrickten unter den Hertha-Fans sind sie ein Dorn im Auge.
Liebe herrscht nicht zwischen den beiden Fangruppen von Hertha und TeBe. Entsprechend beunruhigt waren die TeBe-Fans am Mittwoch abend zum Stadion gezogen, ein lila Schal war im Meer der blau-weißen Hertha-Schals nur selten und nur bei den Allermutigsten zu entdecken. Waren die Hertha-Fans doch in der der absoluten Überzahl. In der TeBe- Kurve sammelten sich dennoch mehrere tausend „Veilchen“, wie sie sich selbst nennen. Und im Stadion sorgte die Polizei dafür, daß sich keine Hertha- Hools in die Ränge der Veilchen verirrten.
So jubelten die TeBe-Fans begleitet von Trommeln und Trompeten ungestört bei jedem Tor, während es in der gegenüberliegenden Kurve abgesehen von Beschimpfungen des Schiedsrichters und der TeBe-Spieler ungewöhnlich ruhig blieb.
Den Triumph kosteten die TeBe-Fans genüßlich aus, ein Spruch machte nach dem Spiel die Runde: „Was unterscheidet Hertha BSC von Tennis Borussia Berlin? TeBe ist diese Saison im Olympiastadion noch ungeschlagen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen