: Daniela Dahn in ihren Büchern
Nachdem sich alle, die es brauchen, so schön in einem bis zur Unkenntlichkeit verzeichneten DDR-Bild eingerichtet haben, muß diese Harmonie gestört werden.
Weder ist die BRD mit dem schmückenden Wort Demokratie hinreichend beschrieben noch die DDR mit dem stigmatisierenden Wort Diktatur.
Das Grundmißverständnis zwischen Ost und West besteht doch darin, daß eine Seite denkt, sie gibt ihr Letztes, während die andere meint, man nähme ihr das Letzte.
Ich habe etwas Ärger gemacht und viel mehr Ärger gekriegt, in dieser DDR – natürlich. Aber ich habe niemals gedacht: Aha, das ist die Diktatur. Sondern nur: C'est la vie.
Es gab im Grunde keinen einzigen originären Gedanken der Bürgerbewegung, der nicht zuvor schon öffentlich von SED- Mitgliedern geäußert worden war. Ausnahmslos alle gesellschaftstheoretischen Dissidenten sind aus der Partei gekommen.
Für mich war die fehlende Offenheit, die mangelnde Öffentlichkeit immer das Schlimmste am Realsozialismus. Daß es längst nicht allen so ging, daß für die Mehrheit die Kluft zum westlichen Wohlstand das Schlimmste war, begriff ich erst später.
Ich sage ausdrücklich, die bürgerliche Demokratie ist die größte politische Leistung der menschlichen Zivilisation. Das zeigt aber nur, wie unzivilisiert wir noch sind.
Die im Osten akzeptierte Spielregel lautet doch: Wir stellen die Angeklagten, ihr die Richter. Und Angeklagte können mit nichts mehr moralische Lorbeeren gewinnen als mit dem kniefälligen Eingeständnis von Fehlern, Schuld und Schande.
Wenn ein junger Wehrmachtsangehöriger oder NS-Staatsdiener später Antifaschist wurde und in der DDR einen der zahlreichen Berufe ergriff, die heute als staatsnah gelten, so wird er bei der Berechnung seiner heutigen Rente belohnt für seine Leistungen unter Hitler, aber bestraft für die unter Honecker. Muß man sich das bieten lassen?
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