Press-Schlag
: Borussia siegt 11:1

■ Wiglaf Droste mag Spielabsagen nicht akzeptieren

Das Spiel im Dortmunder Westfalenstadion, das als Sintflut-Partie in die Geschichte des Fußballs eingehen wird, begann unangenehm. Die Anhänger des HSV hatten sich einen Schlachtruf der Münchner Bayern-Fans ausgeborgt und skandierten: „Andy Möller, du Homosexueller!“ Möller aber blieb cool und lief so auf, wie man ihn zuletzt auf Plakaten gesehen hatte: in James-Bond-007-Pose, im Smoking und mit einer Pistole in der Hand. Mit den Worten „Mein Name ist Möller – Andy Möller“ stellte er sich bei seinen Gegenspielern vor, um dann seine Pistole auf sie zu richten. Die war zwar nur mit Erbsen geladen, aber das wußten die Hamburger nicht und nahmen Reißaus.

Überhaupt wirkten die HSV- Spieler in ihren Taucheranzügen etwas gebremst. Die Taucherbrillen schienen trotz der elekrischen Scheibenwischer eher sichtbehindernd zu sein, und dem Torwart half es überhaupt nichts, daß er noch kurz vor dem Spiel umdisponiert und Regenreifen aufgezogen hatte. Als es nach zehn Minuten 11:0 für Dortmund stand, hatte der weise Schiedsrichter ein Einsehen und beendete die Partie; mit dem Schlußpfiff schoß der Dortmunder Torhüter Stefan Klos per Fallrückzieher-Abschlag den Ehrentreffer für die Hamburger und wurde für diese sportlich faire Geste zu Recht gefeiert.

Für das 11:1 erhielt Dortmund von der Fifa 15 Sonderpunkte und führt nun souverän die Tabelle der Bundesliga an.

Schon im Vorfeld war alles gut gelaufen für die Dortmunder. Trainer Michael Skibbe hatte sich von seinem Mittelscheitel ebenso getrennt wie von seinem Unteroffiziersoberlippenbärtchen. Der Christ Heiko Herrlich war an die zweite Mannschaft von Diakonie 05 Kerpen verschenkt worden, und Steffen Freund hatte man noch kurz vor Spielbeginn mit einem Gewicht an den Füßen in den gurgelnden Fluten des Westfalenstadions versenkt.

Kein Wunder, daß die Stimmung in der Mannschaft ausgezeichnet war. Ricken, der zur Freude der weiblichen Fans im Adamskostüm antrat, tauchte wie ein Delphin, Reuter, wie gegen Rostock als Libero eingesetzt, brach diverse Kurzstreckenrekorde und empfahl sich für die Lagenstaffel des DSV, und die ganze Mannschaft hätte an diesem Tag Schwimmschule Tümmler heißen können.

Nach dem Spiel gelobte Stadionsprecher Norbert Dickel feierlich, nie wieder den Schlagersänger Jürgen Drews ins Stadion einzuladen und dort „Oh, wie ist das schön, so was hat die Welt noch nicht gesehn“ singen zu lassen; bei dieser Erklärung weinten nicht wenige Zuschauer vor Glück. Dann versammelte sich die Dortmunder Mannschaft auf dem Floß von Matthias Sammer, der in Dortmund mittlerweile respektvoll Käpt'n Ahab genannt wird, und segelte auf mississippibreiten Wasserstraßen davon: ein Traum. Wiglaf Droste