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Ein paar gereimte Sätze

Daily-Soap-Stars kommen in die „Bravo“. Und wenn sie außerdem noch singen, kommen sie in die Charts – Ein Überblick  ■ Von Frank M. Ziegler

Erinnert sich hier noch irgendwer an Andreas Elsholz? Der wurde 1991 durch einen unglücklichen Zufall „Gesicht des Jahres“. Und weil RTL ja damals noch keine Schauspieler mit Gesichtern hatte, bekam das Gesicht vom Elzholz eine Hauptrolle in „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“. Fortan spielte er dort mit der Ausdruckskraft von Dosenravioli den Heiko Richter und kam „super an“, wie die Bravo zu verkünden nicht müde wurde. Und weil jeder, der „super ankommt“, machen darf, was er will, begann Andreas Elsholz knappe anderthalb Jahre später zu singen (bzw. „singen“, denn ich persönlich habe schon Verkehrsmeldungen gehört, die mehr Groove hatten als sein mit Zewa- wisch-und-weg-Stimme hingebrabbeltes „Weil ich dich liebe“).

Aber jetzt wird alles anders! Jetzt haben wir nämlich Oli P. (20), der eigentlich Oliver Petszokat heißt, seit ein paar Monaten den Ricky in „GZSZ“ spielt, in echt bald Papa wird und nun tatsächlich auf Platz eins der deutschen Singlehitparade gelandet ist – mit „Flugzeuge im Bauch“, einer Rap- bzw. „Rap“-Version des ollen Herbert- Grönemeyer-Songs, bei dem jetzt eine nicht näher genannte Frau den ganzen Refrain singt und Oli P. dazwischen ein paar gereimte Sätze spricht. Und RTL wäre blöd, wenn es seine sangeswilligen Stars nicht ins Plattenstudio lassen würde. Zumal die Bravo höchstselbst die Aufnahmen gesponsert hat. Da verdienen dann alle dran: die Bravo, bei deren Redaktion sich Oli P. in seinem CD-Inlay brav für den „Support“ bedankt und die ihm dafür vor vierzehn Tagen eine Titelstory spendierte bzw. letzte Woche ans Bravo-Telefon holte; RTL natürlich, bei dem jetzt bestimmt noch mehr Zielgruppenteenies „GZSZ“ einschalten; und ein bißchen auch Herbert G. und Oli P.

Wie einfach es für eine Seifenoper ist, aus jungen Darstellern Gesangsstars zu machen, zeigt zur Zeit auch die „Verbotene Liebe“. Für die ARD-Soap schrieb Frank-Lewinsky-Darsteller Christian Wunderlich das Pop-Requiem „That's my way to say goodbye“, das bei der Serien-Beerdigung seines Freundes Ramon denn auch eindrucksvoll wehmütig im Hintergrund erklang, keine zwei Tage später als Single im Handel war und derzeit noch immer auf Platz 20 der deuschen Single-Charts Käufer findet.

Für jemanden, der nicht gerade in einer Fernsehserie mitspielt, ist es indes entschieden schwerer, einfach mal so eine CD aus dem Boden zu stampfen. Dem 22jährigen Samer Nassif zum Beispiel aus der mittlerweile eingestellten Sat.1-Soap „Geliebte Schwestern“ bescheinigen selbst alte Hasen wie der Geschäftsführer der EMI-Musik-Produktion Holger Müller zwar „unglaubliches Talent“ und eine Musikalität, die „abgeht, groovt und an Michael Jackson erinnert“; aber erfolgreich produzieren lasse Nassif sich erst, wenn er wieder im Fernsehen präsent sei. Zum Glück steht Nassif ja gerade in Verhandlungen für eine Hauptrolle in der 13teiligen Serie „Königsallee“ – als Band-Sänger. Bis dahin bekommt Oli P. erstmal hausinterne Konkurrenz: „GZSZ“-Kollege Laurent Daniels hat ebenfalls eine Single („Cry on my Shoulder“) rausgebracht, zu der die GZSZ-Hausband „Just friends“ die Musik spielt, während uns die zweite RTL-Soap „Unter uns“ mit der neuen Garagenrockband „SCYCS“ nervt, die kein normaler Mensch aussprechen kann, aber trotzdem seit dem 12. Oktober mit der Single „Next November“ auf dem Markt ist und damit dem 18jährigen „Unter uns“-Star Eric Benz den Rang ablaufen will, der wiederum nicht nur eine Punkerfrisur für Anfänger sein eigen nennt, sondern auch eine Gitarre, mit der er gerade seinen Debütsong „Ich vermisse dich“ aufgenommen hat... (hechel hechel)

Fragt sich nur, warum man die Soaps nicht gleich auf MTV und Viva ausstrahlt?

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