piwik no script img

SPD soll für Machtwechsel 1999 kämpfen

■ SPD-Parteichef Detlef Dzembritzki lehnt Neuwahlen ab und fordert einen neuen Anlauf für ein regionales Bündnis für Arbeit. Kein selbstkritisches Wort über die Lage seiner Partei

Zum Auftakt des zweitägigen SPD-Parteitages hat SPD-Parteichef Detlef Dzembritzki gestern seine Partei aufgerufen, nach dem Sieg bei der Bundestagswahl auch in der Hauptstadt für den Machtwechsel zu kämpfen. „Die Berliner SPD ist bereit und entschlossen zum Handeln“, sagte Dzembritzki vor 320 Delegierten im Internationalen Congress Centrum (ICC). Die Abnutzungserscheinungen bei der CDU seien nicht zu übersehen. „Die Berlin-Partei ist die SPD und sonst keine.“

Kein Wort davon, daß die SPD die günstige Lage nach der Bundestagswahl nicht zu nutzen wußte, sondern einen Fehlstart hinlegte: Die Nachfolge von Arbeitssenatorin Christine Bergmann geriet zum innerparteilichen Hickhack; Fraktionschef Klaus Böger drohte der CDU mit Neuwahlen, hatte aber weder die Partei hinter sich noch einen Plan dafür. Erst unter dem Druck von zwei Anträgen war die Tagesordnung um eine Debatte über die Lage der Partei erweitert worden. Die Jusos hatten den Ausstieg der SPD aus der Großen Koalition beantragt.

„Ich will, daß wir den nächsten Regierenden Bürgermeister stellen“, sagte Dzembritzki gestern. Doch wer für die SPD den Bürgermeistersessel erobern soll, wird erst die Urwahl der SPD-Mitglieder im Januar entscheiden. Dabei löst keiner der potentiellen drei Spitzenkandidaten – Walter Momper, Klaus Böger und vielleicht auch Peter Strieder – innerparteilich große Begeisterung aus.

Neuwahlen erteilte Dzembritzki gestern eine klare Absage. Die SPD müsse nun „gute Regierungsarbeit“ leisten. Dzembritzki forderte einen neuen Anlauf für ein regionales Bündnis für Arbeit und Ausbildung. Handeln müsse der Senat auch bei der Krankenhauspolitik, der Wirtschaftspolitik und der sozialen Stadterneuerung. Im Saal machten etwa 80 Beschäftigte der Berliner Krankenhäuser auf die drohende Abwicklung mehrerer Klinken aufmerksam. Vor dem ICC hatten Gewerkschaftler gegen den geplanten Verkauf der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gehag protestiert.

Kritisch meldete sich gestern im Inforadio der frühere SPD-Landes- und Fraktionschef Ditmar Staffelt zu Wort. Mit Blick auf die Abgeordnetenhauswahlen im Herbst 1999 warnte er vor verfrühter Siegesgewißheit. Den Erfolg müsse sich die SPD noch erarbeiten. Dorothee Winden

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen