Runder Tisch in Grünau ist gescheitert

■ Bündnisgrüne bemängeln, daß sich die Innenverwaltung mit den Gefangenensprechern im Abschiebegewahrsam Grünau nicht auf Strukturfragen einließ. Initiative gegen Abschiebehaft kritisiert ungenügenden

Der Runde Tisch zur Verbesserung der Lage im Abschiebegewahrsam Grünau ist gescheitert. Die Verhandlungen seien ohne spürbare Verbesserungen für die Gefangenen ausgegangen, beklagten gestern die bündnisgrünen Abgeordneten Norbert Schellberg und Ismail Kosan. Sie werfen der Innenverwaltung vor, die Gespräche nicht mit dem nötigen Ernst geführt zu haben.

Mitte Oktober hatten etwa 70 Insassen des Abschiebeknastes mit einem mehrtägigen Hungerstreik unter anderem für kürzere Haftzeiten sowie eine Verbesserung der ärztlichen Versorgung und der Anstaltskost protestiert. Nach Vermittlung von Norbert Schellberg war der Runde Tisch mit Vertretern von Gefangenen, Polizei, Ausländerbehörde und Justiz vereinbart worden. Daraufhin wurde der Hungerstreik abgebrochen. Auswärtige Sachverständige, wie der von der Innenverwaltung eingesetzte Beirat des Gewahrsams oder Parlamentsabgeordnete, hatten aber entgegen ursprünglichen Zusagen zu den Gesprächen keinen Zutritt bekommen, beklagten die Grünen gestern. Außerdem hätte die Innenbehörde reine Verwaltungsangestellte und keine Vertreter der politischen Ebene entsandt. So seien nur Haftprüfungen in wenigen Einzelfällen zugesagt und eine Aufstockung des mit Aktenprüfung beschäftigten Personals in der Ausländerbehörde angedacht worden, resümiert Kosan.

Die Personalaufstockung bestätigte Martin Sturnden, Sprecher der Innenverwaltung, gegenüber der taz. „Ansonsten sind die Forderungen nicht umgesetzt worden“, so Sturnden.

Die Grünen meinen, ein Großteil der Forderungen könne durch eine andere Arbeitsorganisation bei Ausländerbehörde und Justiz erfüllt werden. So fordert Schellberg, Gefangene, die nicht abgeschoben werden können, nicht erst nach 18 Monaten zu entlassen. Kosan fordert, kranke Insassen fachärztlich und psychologisch zu behandeln, statt sie einzusperren. Nicht hinnehmbar sei zudem, daß Familien durch Abschiebung getrennt werden. So wurde etwa ein Bosnier abgeschoben. Seine serbische Frau und die Kinder würden in der Bundesrepublik bleiben.

Auch die Justiz müsse nach Meinung der Grünen anders mit den Gefangenen umgehen. Schellberg: „Wir wollen nicht an der Unabhängigkeit der Richter rütteln, aber dennoch Wünsche äußern.“ Richter sollten demnach die Belange der Gefangenen stärker berücksichtigen, Dolmetscher hinzuziehen und auch fremdsprachige Dokumente würdigen. Das zuständige Amtsgericht folge bei weit über 90 Prozent der Haftprüfungen den Anträgen der Ausländerbehörde, beklagte Kosan.

Kritik müssen sich aber auch die Grünen gefallen lassen. Die Initiative gegen Abschiebehaft kritisiert, daß Schellberg ungenügend die Anliegen der Gefangenen thematisiere, die von der rot-grünen Bundesregierung gelöst werden müssen. Dazu gehöre eine Gesetzesänderung mit dem Ziel, Asylverfahren nicht mehr aus der Haft heraus zu betreiben oder eine neue Regelung über die Länge der Abschiebehaft. Schellberg gesteht ein, daß die Grünen bei den Bonner Koalitionsverhandlungen in diesen Punkten Federn lassen mußten. „Das hindert uns jedoch nicht daran, Asylgesetzänderungen weiterhin anzumahnen.“ Marina Mai