Abruptes Ende einer Wanderung

Auf Druck des katholischen Bischofs wurde in Stuttgart das Wanderkirchenasyl für kurdische Flüchtlinge abgebrochen. Bischof drohte Kirchengemeinde mit Räumung  ■ Von Markus Dufner

Köln (taz) – Auf Druck des katholischen Bischofs ist das erst am Freitag begonnene Wanderkirchenasyl in Stuttgart bereits am Montag wieder abgebrochen worden. Walter Kasper drohte dem Pfarrer der Kirchengemeinde, die den 14 Kurden aus Nordrhein- Westfalen Zuflucht geboten hatte, ultimativ mit Räumung. Die von Abschiebung bedrohten Flüchtlinge, die von kirchlichen Kreisen und den Gewerkschaften IG Medien sowie Handel, Banken und Versicherungen (HBV) nach Baden-Württemberg eingeladen worden waren, kehrten am Montag abend wieder nach NRW zurück.

Bischof Kasper bezeichnete das Wanderkirchenasyl als eine „Propagandaaktion, mit der ein generelles Bleiberecht für kurdische Flüchtinge“ in Deutschland erreicht werden solle. Ihnen werde suggeriert, die Aktion sei ein „realistischer Weg zur Änderung der Rechtslage“. Es entstehe der Eindruck, daß die Flüchtlinge von den Initiatoren des Wanderkirchenasyls instrumentalisiert würden.

„Nach gelungenem Auftakt und diversen Veranstaltungen hat sich die Situation am Wochenende zugespitzt“, sagte Uwe Klein von der Flüchtlingsorganisation „Kein Mensch ist illegal“ in Stuttgart. Während Polizeipräsidium und Ordnungsamt am Freitag zugesichert hätten, nichts zu unternehmen, solange keine Anfrage aus NRW vorliege, habe Bischof Kasper mit Räumung der Kirchengemeinde St. Martin gedroht. Gemeindepfarrer Rainhard Hübschle, der sich vergangene Woche noch eine Unterstützung seines Vorgesetzten versprochen hatte, zeigte sich sicher, daß der Bischof mit dem Ultimatum, das er auf Montag, 18 Uhr festgesetzt hatte, Ernst gemacht hätte. „Kein Mensch ist illegal“ erhob schwere Vorwürfe gegen Kasper. „Der Bischof spielt mit Menschenleben, um sich von der Wanderkirchenasylbewegung zu distanzieren.“ Die IG Medien wiesen darauf hin, daß sich der Vorgang am 60. Jahrestag der Reichspogromnacht ereignete. In NRW sind mehrere katholische Gemeinden am Wanderkirchenasyl beteiligt, und auch der Bischof von Aachen unterstützt es. Seit einem dreiviertel Jahr ziehen illegalisierte Kurden von Gemeinde zu Gemeinde, um Zuflucht vor einer Abschiebung in die Türkei zu suchen.