: Soundcheck
Heute abend: Geri Allen. Nicht wenige sind schon ihrem Debüt vor 15 Jahren gründlich erlegen. Ihr The Printmakers war eine mittlere Offenbarung – und Prägung genug, den weiteren Streichen der Jazz-Pianistin auf den Fersen zu bleiben. Zur geschmeidigen Vielseitigkeit der übrigen Young Lions wie Cassandra Wilson oder Steve Coleman gesellte sich bei Geri Allen rasch der Nimbus einer unverkennbaren musikalischen Handschrift. Ihrem Mentor, dem Trompeter Marcus Belgrave, hat sie seitdem mannigfach zurückschenken können, was er ihr als konsequente Lehren aus der Tradition (mit Betonung auf Charles Mingus) einst anempfahl – und nicht nur, indem sie ihn so oft es ging in ihr Ensemble integrierte.
Für das gemeine Publikum fiel bei Geri Allen die musikalische Belohnung über die Jahre konsequenter und üppiger aus als bei anderen jüngeren Jazz-Prominenenten. Niemand sonst konfrontiert sich so mutig mit den stilistischen Grenzen und zeigt dabei so ein Bewußtsein für Form. Und für ihre Auflösung in einem Sternschnuppenregen, der klingt.
Andreas Schäfler
21.00, Fabrik
Heute abend: Mari Boine. Gegen einen spirituellen Lebenswandel spricht einiges: die unbequeme Sitzhaltung, die man einzunehmen hat; das fade Essen, das einem vorgesetzt wird; und vor allem die schlechte Musik, die der inneren Stille auf die Sprünge helfen soll. Wer will sich schon auf Dauer mit minimalistischem Zengebimmel und anstrengendem Obertongesinge begnügen, wenn smarte Popklänge locken? Die samische Sängerin Mari Boine scheint da wie geschaffen zu sein für eine Fusion von angestrebter Erleuchtung und jenseitiger Sinnenfreude. Ihr schwebender Gesang ist schließlich fremdartig genug, und Titel wie „Gods Of Nature“ versprechen Weltumarmendes.
Daß Mari Boine trotz aller Verhaftung im samischen Sangesgut, eine moderne Künstlerin ist, entschließt sich bei genauerem Hören ihrer CD Blvvolslatjna: Wimmernde Gitarren treffen auf exakte Beats treffen auf Bass-Schlaufen, mit viel Lust zum Stilexperiment und einer Beheimatung im Folk wie im Jazz. Wenn sie mit ihrer Band heute in Hamburg gastiert, wird sich daher ein seltsames Völkchen vor ihr verbeugen. Die mit dem entrücktem Gesichtsausdruck, die in den filzigen Norwegerpullovern, und wir sind auch mit dabei.
Frank Keil
20 Uhr, Curio-Haus
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen