"Mehmet" scheitert in Karlsruhe

■ Bundesverfassungsgericht will die sofortige Abschiebung des Münchener Jugendlichen nicht stoppen. Aus der Türkei gibt es nach wie vor keine Signale ihrer Aufnahmebereitschaft

Freiburg (taz) – Der jugendliche Serienstraftäter mit dem behördlichen Decknamen „Mehmet“ ist in Karlsruhe gescheitert. Eine Verfassungsbeschwerde gegen seine Abschiebung hatte keinen Erfolg.

Beim jetzigen Verfahren geht es nicht mehr um den Streit, ob Mehmets Eltern – und damit auch ihr Sohn – wegen vermeintlicher Erziehungsfehler abgeschoben werden können. Dies hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof Anfang September im Eilverfahren gestoppt. Im Vordergrund steht nun ein neues Abschiebeverfahren, das sich nur gegen Mehmet richtet. Nachdem der Junge 14 Jahre alt wurde, hatte er sofort einen neuen Raub verübt. Das nahmen die bayerischen Behörden zum Anlaß, seine Aufenthaltserlaubnis nicht zu verlängern und ordneten statt dessen seine Abschiebung an.

Seine Anwälte glauben, daß Mehmet trotz dieser Straftat einen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis hat. Die bayerischen Verwaltungsgerichte sahen das jedoch im Eilverfahren anders. Hiergegen erhoben die Anwälte Verfassungsbeschwerde. Sie betonen, daß das Ausländergesetz für Jugendliche einen besonderen Schutz gegen die Ausweisung, das heißt die Beendigung eines bestehenden Aufenthaltsrechtes, vorsieht. Dieser Schutz müßte auch auf die Nichtverlängerung einer Aufenthaltserlaubnis angewandt werden, obwohl das Gesetz hier eine „Lücke“ aufweise.

Mit dieser zentralen Frage hat sich Karlsruhe gestern aber nicht auseinandergesetzt. Hier müsse erst das Hauptsacheverfahren vor den bayerischen Gerichten abgewartet werden. In den bisherigen Eilverfahren hätten die Münchener Richter jedenfalls nicht schlampig gearbeitet, betonte die Karlsruher Kammer.

Es kann nun passieren, daß Mehmet den weiteren Fortgang des Verfahrens von der Türkei aus verfolgen muß. Daran sind seine Anwälte nicht unbeteiligt. Argumente, die gegen eine sofortige Abschiebung sprechen, hatten sie teilweise gar nicht, teilweise erst vor dem Verfassungsgericht vorgebracht. Anwalt Alexander Eberth kann nun prüfen, ob er mit neuen Argumenten nochmals vor die Verwaltungsgerichte ziehen will. Es geht dabei vor allem um das öffentliche Interesse an einer Abschiebung noch aus der U-Haft. Karlsruhe hatte die Frage aufgeworfen, welche Gefahr von „Mehmet“ denn überhaupt ausgehe, während er im Gefängnis sitze. Bayerns Innenminister Beckstein will Mehmet nun „umgehend“ abschieben lassen. Seitens der Türkei gibt es weiterhin keine Signale, daß sie den Jugendlichen aufnehmen will. Christian Rath

(Az. 2 BvR 1838/98)