: Hertha hat's begriffen
■ Schuld und Verantwortung sind zwei Paar Stiefel
Wer nichts dafür kann, kann schon lange was dagegen. Hertha ist dafür ein gutes Beispiel – und Hertha hat's offenbar auch begriffen.
Fußballstadien – und das wahrlich nicht nur in der Bundesrepublik – bilden die ideale Kulisse für Männerbünde, Biergenuß und Aggressionsentladung aller Art. Ressentiments, zumal rassistische oder nationalistische, finden hier einen geeigneten Nährboden. So weit, so schlecht. Das ist im Berliner Olympiastadion nicht anders als im berüchtigten Ostseestadion in Rostock oder dem Stadion der Freundschaft in Cottbus.
Hertha, der Verein, die Spieler wie auch die Mehrzahl der Fans tragen keine Schuld daran, daß sich Neonazis und Rassisten im Publikum austoben oder daran, daß die rechtsextremen Parteien regelmäßig zur Wahlkampfwerbung vor den Toren angetreten waren.
Verantwortung indes trägt der Verein dennoch: dafür, was sich während der Heimspiele im Stadion ereignet. Dafür, ob rechte Fans zum Vorbild für fußballbegeisterte Jugendliche werden können. Dafür, die Sicherheit aller Fans und Besucher zu gewährleisten. Dafür, ob man Rassismus duldet oder ihm energisch entgegentritt. Schuld und Verantwortung sind nun einmal zwei Paar Stiefel.
Und natürlich schadet auf Dauer das Image, Sammelstelle für rechtsradikale Wirrköpfe wie Gewalttäter dieser Stadt zu sein, dem größten Fußballclub der Hauptstadt. Dabei wendet Hertha erhebliche Mittel für die Fanarbeit auf. Bisher allerdings nicht gegen eine rechte Gesinnung im Stadion. Werde Geld für ein Fanprojekt beantragt, dann folge meist auch die Genehmigung, versichert der Fanbeauftragte von Hertha BSC. Man überlasse jedoch die Arbeit mit den rechten Fans lieber den Spezialisten, die sich explizit mit den Rechten beschäftigen.
Der SC Freiburg und St. Pauli haben es längst vorgemacht. Stadionverbot für Schreihälse rechtsextremer Parolen, Konstruktion eines Images, in dem Rassismus gar nicht erst einen Platz finden kann, Jugendarbeit und dezidierte Fanarbeit. Der Fernsehspot, die Stadionordnung – jetzt hat sich Hertha endlich, wie lange gefordert, gegen Rassismus und Neonazis bekannt. Und damit Verantwortung übernommen. Barbara Junge
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen