: Aktionäre der ehemaligen IG Farben in Raumnot
■ Bundesweites Bündnis aus ehemaligen Zwangsarbeitern und Antifa-Gruppen macht Druck
Berlin (taz) – Schon dreimal mußte die IG Farben in Abwicklung ihre Aktionärstagung verschieben. Vom 3. Mai auf den 27. November und dann auf den 21. Dezember. Jetzt ist auch dieser Termin kurzfristig abgesagt worden. Neben fehlenden Räumlichkeiten sind sich die Aktionäre offenbar auch unklar darüber, wie sie mit der zunehmenden öffentlichen Kritik umgehen sollen. Nach dem Willen von Hans Frankenthal vom „Bündnis gegen die IG Farben“, der selbst Zwangsarbeiter im IG- Farben-KZ Auschwitz-Monowitz war, sollen sich die IG-Farben-Aktionäre nur noch ein einziges Mal treffen: um ihre Auflösung bekanntzugeben und ihr Vermögen für die Entschädigung der ZwangsarbeiterInnen und den Erhalt der Gedenkstätte von Auschwitz zur Verfügung zu stellen.
Die AktivistInnen spüren in letzter Zeit Rückenwind. „Vor zehn Jahren standen wir mit 20 Personen absolut marginalisiert vor den Toren der Aktionärsversammlung. Wir hätten nie gedacht, daß wir einmal die Aktionäre wirklich unter Druck setzen können“, meint Tjark Kunstreich vom Auschwitz-Komitee. Die Diskussionen über die Entschädigung der NS-ZwangsarbeiterInnen hat zum Stimmungsumschwung beigetragen. Mehrere Überlebende bereiten Entschädigungsklagen gegen die IG Farben vor. Unterstützung durch die neue Bundesregierung erhoffen sie nicht. „Schröder hat schon angekündigt, daß er die deutsche Industrie gegen die Klagen in Schutz nehmen will“, meint Frankenthal.
Antifaschistische Gruppen und Überlebende des Naziregimes haben sich in einem bundesweiten Bündnis zusammengeschlossen, um dafür zu sorgen, daß den IG- Farben-AktionärInnen auch weiterhin keine Räume mehr zur Verfügung stehen. Nach dem Auftakt in Berlin soll es in den nächsten Wochen in verschiedenen Städten weitere Informationsveranstaltungen über die IG Farben geben, auf denen ehemalige Zwangsarbeiter berichten werden. An einem Aktionstag im Dezember soll bundesweit demonstriert werden. Finden die Aktionäre einen Raum, will das Bündnis mit einer bundesweiten Demonstration reagieren.
Inzwischen wird die Zeit für die AktionärInnen langsam knapp. Wegen Nichteinhaltung der Termine für die Aktionärsversammlung mußten sie schon eine Ordnungsstrafe von 1.000 Mark bezahlen. Die Strafe erhöht sich bei weiteren Verzögerungen empfindlich. Peter Nowak
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