Serow hatte Schlüssel

■ Flucht war gut geplant – mit Nachschlüsseln und Handy. Der Gefängnisleiter muß gehen

Berlin (taz) – Der mutmaßliche Hintze-Entführer Sergej Serow, den die Berliner Polizei nach viertägiger Flucht am Mittwoch wieder gefaßt hat, konnte offenbar mit Nachschlüsseln aus der Untersuchungshaftanstalt Potsdam fliehen. Serow habe bei seiner Festnahme zwei Schlüssel mit vier verschiedenen Bärten bei sich gehabt, sagte eine Sprecherin der Potsdamer Staatsanwaltschaft. Diese paßten zu seiner Zellentür, zu Durchgangstüren und zur Kleiderkammer. Außerdem habe Serow in seiner Zelle ein Funktelefon besessen, sagte die Sprecherin. Jetzt werde geprüft, ob er aus dem Gefängnis telefoniert hat. Die genauen Umstände des Ausbruchs liegen weiterhin im dunkeln.

Fünf Tage nach der Flucht Serows hatten die Verantwortlichen am Donnerstag die erste personelle Konsequenz gezogen. Der brandenburgische Justizminister Hans Otto Bräutigam entband Anstaltsleiter Wolf-Dietrich Voigt vorläufig von seinem Posten. Das Oranienburger Gefängnis darf Voigt weiterhin leiten. Der parteilose Minister hatte zunächst seinen eigenen Amtsverzicht angeboten, was Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) jedoch ablehnte.

Mit der vorläufigen Suspendierung Voigts reagierte Bräutigam auf die scharfe Kritik an den schlechten Sicherheitsvorkehrungen im Gefängnis von Potsdam. Die Flucht Serows war erst nach 14 Stunden entdeckt worden. Außerdem hatte der als höchst gefährlich eingestufte Gewaltverbrecher durch seine Tätigkeit als Hausarbeiter die ganze Haftanstalt erkunden können. Laut Bräutigam hatte ein Vertreter von Anstaltsleiter Voigt gegen die Bedenken eines Sicherheitsinspekteurs die Genehmigung für diesen Job erteilt. Voigt habe sie später bestätigt, ohne sich näher über den Fall Serow zu informieren.

Serow bleibt zunächst im Berliner Gefängnis Moabit. Der 38jährige Russe hatte gestanden, mit einem Komplizen im September 1997 den Gastwirtssohn Matthias Hintze entführt und in einem Erdloch versteckt zu haben. In diesem Loch erstickte der 20jährige. Der Prozeß gegen die beiden soll im Februar beginnen. Kerstin Willers