■ Das Portrait
: Ehrenmann mit befleckter Weste

Seine Ziele sind auch anderthalb Jahre nach Amtsantritt noch immer hochgesteckt. Die Rückkehr der Flüchtlinge nach Bosnien müsse ein langsamer und organischer Prozeß sein und dürfe nicht übers Knie gebrochen werden, sagte Carlos Westendorp, Hoher Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft in Bosnien, im vergangenen Sommer gegenüber der taz.

Doch jetzt könnte das weithin positive Image des 61jährigen Spaniers, der Nachfahre eines aus Holland nach Spanien ausgewanderten Tee-Kaufmanns ist und sich um eine Normalisierung des Zusammenlebens der einst verfeindeten Volksgruppen in Bosnien bemüht, einige Kratzer bekommen.

Einem vertraulichen Bericht des Europäischen Rechnungshofes in Luxemburg zufolge soll sich Westendorp recht großzügig aus der EU- Kasse bedient haben. Im Vergleich zu seinem Vorgänger Carl Bildt soll er sich eine 15prozentige Gehaltserhöhung gegönnt und es auch mit seinen Reiseabrechnungen nicht ganz so genau genommen haben.

Westendorp, der sich gerne als Ehrenmann geriert, kontert die Vorwürfe mit dem Hinweis auf „feindliche Kräfte“, die seiner weiteren Karriere schaden wollten. Und die sieht er sowieso nicht in Bosnien. Denn daß ihm sein derzeitiger Standort Sarajevo nicht ganz so behagt und er deshalb fast jedes Wochenende bei seiner Familie in Madrid verbringt, ist alles andere als ein Geheimnis.

Nicht zuletzt auch deshalb sehnt sich Westendorp wohl des öfteren nach früheren Wirkungsstätten zurück. Der Vater dreier Kinder absolvierte in Madrid die juristische Fakultät. 1995 fungierte er ein halbes Jahr als Außenminister Spaniens, wobei er sich vor allem für die vertiefte Integration seines Landes in die Europäische Union einsetzte. Nach der Wahlniederlage der Sozialisten wurde er zur UNO nach New York delegiert.

Reist am liebsten in der Business Class: Der EU-Bosnienbeauftragte Carlos Westendorp Foto: Reuters

Die spanische Regierung hat Westendorp kürzlich offiziell als Kandidaten für das Amt eines außenpolitischen „Mister Europe“ vorgeschlagen, der sich künftig um die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU kümmern soll. Vielleicht könnten die jüngsten Anschuldigungen seinem Ansehen bei den Konfliktparteien in Bosnien schaden. Die Chancen für seine Mister-Kandidatur würden davon nicht tangiert. Die seien „immer noch exzellent“. er/bo