: Chaotische Zustände
■ Hamburgs Datenschützer rügt Schlampereien im Landeskriminalamt
Bei den Spezialfahndern für Autodiebstahl und Kfz-Hehlerei des Landeskriminalamts (LKA 234) herrschten jahrelang chaotische Zustände und erhebliche Sicherheitsmängel. Das geht aus einem Schreiben des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten vom Februar dieses Jahres hervor, das der taz hamburg vorliegt. Datenschützer Ulrich Werner hatte das „LKA 234“ ohne Ankündigung inspiziert, nachdem bekannt geworden war, daß zu Pfingsten 1997 in den Büros 72 „Fall-Akten“ abhanden gekommen waren.
Aufgrund des Aktenschwunds waren vor zehn Tagen die Privathäuser des LKA 234-Sachbearbeiters Hermann Bünning und seines Bürokollegen Thomas Wüppesahl durchsucht worden. Der kritische Polizist Wüppesahl war 1996 ins „LKA 234“ wegen polizeiinterner Kritik strafversetzt worden. Da das Referat vorrangig „große Fische“ bearbeitete, türmten sich die Bagatelle-Akten. Zum Teil wurden „Handakten“ im Sozialraum neben Asservaten und Schußwaffen frei zugänglich aufbewahrt.
„Die Unterbringung von Handakten im Sozialraum erfüllt nicht die Mindestanforderungen an den Datenschutz“, rügte Werner, „und bietet keinen Schutz gegen unbefugten Zugriff.“ Auch in den Regalen im Büro des „234“-Leiters Klaus Gneckow stauten sich Akten in Kartons. Sowohl normales Publikum als auch MitarbeiterInnen anderer Dienststellen in der Direktion West an der Stresemannstraße konnten die Räume ohne Probleme betreten. „Es war ein Haus der offenen Tür“, so ein Insider.
Als nun vor kurzem die „Fall-Akten“ Presseorganen zugespielt worden sind, nahm die Anklagebehörde die Ermittlungen gegen die beiden Polizisten auf. „Herr Gneckow sucht offenkundig einen Sündenbock für die Schlampereien“, vermutet Wüppesahl. Warum nicht auch gegen LKA 234-Leiter Gneckow ermittelt wird, vermochte der Chef des „Dezernats Interne Ermittlungen“ (DIE), Thorsten Mehles, gestern nicht zu sagen: „Dazu müßte ich Details nennen, das darf ich zur Zeit nicht“. Für Staatsanwaltschaftssprecher Rüdiger Bagger liegt „ein Anfangsverdacht nicht vor.“ Wenn die Akten tatsächlich aus dessen Obhut verschwunden sein sollten, so Bagger, „dann muß jemand Anzeige erstatten“. Kai von Appen
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