piwik no script img

Deich wird weichen

■ Senat beschließt Rückverlegung des Kreetsander Deiches in Wilhelmsburg

So viel ungeteiltes Lob hat Eugen Wagner selten bekommen – von ökologischer Seite schon gar nicht. Gestern gab der altgediente SPD-Bausenator die Entscheidung des Senats zur Rückverlegung des Kreetsander Hauptdeiches in Wilhelmsburg bekannt. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Naturschutzbund (NABU) sowie der Koaliti-onspartner GAL „begrüßten“ diesen „zukunftsweisenden Schritt“.

Der Deich im Osten der Elbinsel Wilhelmsburg wird auf 1,6 Kilometer Länge hinter der bisherigen Linie neu errichtet und zugleich von 7,20 Meter auf acht Meter erhöht, verkündete Wagner gestern. Das Projekt wird etwa 13,2 Millionen Mark kosten, der Baubeginn soll im Frühjahr erfolgen: „Schon zum Winter 99 ist der Deich fertig“, hofft der Bausenator. Der alte Deich an der Norderelbe soll mindestens drei Jahre stehen bleiben, um „auch die letzten subjektiven Sicherheitsbedenken“ auszuräumen.

Weite Teile der Bevölkerung im Stadtteil hatten bis zuletzt gegen die Pläne opponiert. Sie befürchten eine geringere Sicherheit gegen Sturmfluten. Der Konflikt wurde über zwei Jahre hinweg sehr emotional ausgetragen. Viele Wilhelmsburger befürchteten, daß „wir wieder absaufen wie 1962“. Bei der Flutkatastrophe waren allein auf der Elbinsel fast 300 Menschen ertrunken. Kurz vor der Bürgerschaftswahl stoppte im Sommer 1997 der damalige Bürgermeister Voscherau (SPD) die Rückdeichungspläne aus Angst vor Stimmenverlusten; die neue rot-grüne Koalition nahm sie jedoch umgehend wieder auf.

In einem langwierigen Mediationsverfahren haben „alle Experten sämtliche Bedenken ausgeräumt“, stellte Wagner gestern nachdrücklich fest: „Es gibt keinerlei Risiko.“ Und unter ökologischen Aspekten sei der Neubau ein Gewinn für Flo-ra, Fauna und den Fluß, der ein Überflutungsgebiet erhalte.

„Mit dieser Entscheidung hat die Vernunft gesiegt“, kommentierte der NABU, der sich auf das gewonnene „tideabhängige naturnahe Deichvorland“ schon ebenso freut wie der BUND. Und die GAL schwärmt in Gestalt der Fraktionsvorsitzenden und umweltpolitischen Sprecherin Antje Möller von „nachhaltigen ökologischen Vorteilen“. Sven-Michael Veit

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen