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Wenzels farbiger Karneval

■ Das Focke-Museum zeigt eine Ausstellung mit Arbeiten des Designers Wenzel Hablik und ruft ganz laut: „Wiederentdeckung!“

Schon mal gewenzelt? Wenzeln geht so: Man nehme einen Bleistift, zeichne die Linien für Streifen vor, die in rechten Winkeln möglichst wild über die Zimmerwände und Zimmerdecke mäandern. Anschließend fülle man diese Streifen so bunt wie möglich mit Farben aus, wobei aber direkte Komplementärkontraste zu vermeiden sind.

Der 1881 in der Tschechoslowakei geborene Designer Wenzel Hablik hat das „Wenzeln“ erfunden. Doch nach seinem frühen Tod anno 1934 wurde es bald vergessen. Denn Wenzel Habliks Los war die Provinz namens Itzehoe (und teilweise auch Bad Oldesloe). Doch aus eben dieser sowie anderer Provinz – namens Itzehoe, Flensburg und Bremen – kommen jetzt Museumsleute, rufen das Wort „Wiederentdeckung“ und sagen: Dieser Wenzel Hablik leistete mit seinen Entwürfen für Architektur und fast alle Bereiche der angewandten Kunst einen grundlegenden Beitrag zur Moderne, was jetzt im Focke-Museum zu überprüfen ist.

Wenzeln kann riskant sein – zumindest in Hotels: „Ein farbiger Karneval tobt in dieser erträumten Welt, ... eine wahrhafte Nervenprobe für den ruhebedürftigen Gast in ihrer unruhig im Zickzack laufenden Ornamentik an Wänden und Sitzmöbeln“, urteilte 1925 ein Zeitgenosse Wenzel Habliks in einer Kritik über einen wenzelnden Entwurf zur Gestaltung eines Hotels. Ansonsten war Hablik aber wohlgelitten. Durch die Freudschaft mit seinem Mäzen Richard Biel hatte der an der Wiener Kunstgewerbeschule ausgebildete Hablik Zugang zum ästhetisch aufgeschlossen denkenden Großbürgertum, das seinen Ideen laut Ausstellungskatalog bedingungslos folgte. Doch nicht nur Biel half: Hätte Hablik Haase geheißen, wäre er wie das Bremer Designerpaar Sibylle und Fritz Haase (vgl. taz vom 26. November) ebenfalls im Duo aufgetreten. Denn neben dem Mäzen spielte auch Ehefrau Elisabeth Hablik-Lindemann, mit der Hablik 26 Jahre lang zusammenlebte und -arbeitete, die Rolle eines „Türöffners“ zu großbürgerlichen Auftraggebern und schuf sowie verkaufte zusammen mit ihm zahllose Entwürfe im Textildesign.

Neben den mäandernden Farbstreifen sind so viele Aspekte für Wenzel Habliks Werk kennzeichnend, daß man es ebenfalls als mäandernd bezeichnen müßte. „Das Leben spottet der Norm. Alles Geschehen ist Überraschung und Variante – und Suchen“, hat Hablik einmal gesagt. Folglich schimmern in seinem Werk erst Jugendstileinflüsse durch, dann ist eine Verwandtschaft mit tschechischen Kubisten erkennbar und noch später braucht er Vergleiche mit den niederländischen De-Stijl-Künstlern nicht zu scheuen. Scheinbar mühelos wechselt Wenzel Hablik zwischen Vereinfachung (bei Möbeln und vor allem bei Besteck) und spielerischer Miniarchitektur für Gegenstände, die ihren Zweck verbergen, hin und her. Auf zum Teil wuchtig wirkende Schränke und Sitzmöbel folgen stark vereinfachte und reduzierte Entwürfe, die zeitlos wirken.

In Zusammenarbeit mit dem Itzehoer Wenzel-Hablik-Museum und dem Museumsberg Flensburg zeigt das Focke-Museum einen umfassenden Querschnitt von Arbeiten und Entwürfen des Designers. Er reicht von Miniaturen wie einem Notgeld für Itzehoe über Schmuck und Tapetenentwürfe bis hin zu vollständigen Zimmereinrichtungen. Die „wenzelnd“ bunten Farbmäander sind allerdings nur auf Entwürfen und im Katalog zu bewundern. Aber vielleicht wird nach dieser Wiederentdeckung bald in vielen Bremer Hotels und Wohnungen „gewenzelt“. ck

„Wenzel Hablik – Innenarchitektur und Design“ bis zum 3. Januar im Focke-Museum; Katalog: 30 Mark

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