: Bangen um Patientenwohl
■ Ärzte und Apotheker fürchten Verschlechterung ihrer Leistungen / Bremen soll gegen neues Gesundheitsgesetz stimmen
Das Szenario ist düster: Stellen Sie sich vor, Sie gehen im Dezember zum Arzt, um sich ein Medikament verschreiben zu lassen, damit ihre neue transplantierte Leber nicht abgestoßen wird. Unglücklicherweise kostet das Mittel 1.000 Mark. Der Arzt aber verweigert sich ihrem Patienten-Ansinnen: Seine jährliches Budget zur Verordnung von Medikamenten habe er bereits ausgeschöpft. Was er jetzt noch verschreibe, müsse er höchstpersönlich zahlen. Der Patient wird gebeten, im Januar wiederzukommen. Dann gilt die neue Quote.
Solche und ähnliche Situationen drohen nach Glauben der Ständevertretungen der Bremer Ärzte und Apotheker, wenn das neue „Kostendämpfungsgesetz“ der rot-grünen Bundesregierung am 18. Dezember im Bundesrat verabschiedet wird. Sie gehen in die Opposition zur neuen Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne). Bei den Hausärzten werde die Budgetierung nicht wie versprochen abgeschafft, bei den Zahnärzten sogar ausgeweitet. „Ein Unding“, sagt Zahnarzt-Vertreter Gerd Knauerhase. Der Ärzte- und Apotheker-Wunsch: Die Bremer Landesregierung soll gegen die Neuregelung des Gesundheitswesens stimmen.
Mehr als 330 der 7.000 Bremer Arbeitsplätze bei Ärzten und Apotheken müßten abgebaut werden, wenn das Gesetz eingeführt werde, drohen die drei Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) und des Bremer Apothekervereins. Vorwiegend bei ZahnarzthelferInnen und ApothekerInnen würde gespart werden, weil die Ausgabenbegrenzung die Ärzte und Apotheker ärmer mache. Außerdem würde der Umfang und die Qualität der Patientenbetreuung leiden.
Ein weiteres Problem des Stadtstaats Bremen: Die Budget-Quoten würden für ein Bundesland festgelegt. Da aber auch aus dem Bremer Umland viele Menschen in die Stadt kommen, um sich behandeln zu lassen, würde die Qoute verfälscht: Der Wohnort Niedersachsen bekomme mehr als nötig, Bremen weniger als angemessen. Es drohe ein Problem, wie es schon bei der Lohn- und Einkommenssteuer zu beobachten ist: Niedersachsen nehmen Bremer Landesleistungen in Anspruch, zahlen ihre Steuern aber in Niedersachsen.
Das Horror-Szenario für die Patienten sei Quatsch, so Hartmut Schlegel, Pressereferent im Bundesgesundheitsministerium. Kein Arzt dürfe einen Bedürftigen wegschicken. Inwieweit ein Arzt sein Jahres-Budget ausgeschöpft habe, könne er jederzeit per Computer abfragen. Und schließlich würden die Budgets nicht individuell, sondern über den Landesverband der Kassenärztlichen Vereinigungen verteilt. Die Vereinigungen hätten so die Möglichkeit, auf individuelle Unterschiede einzugehen. Bremen als Stadtstaat habe keine Nachteile zu erwarten: Die Budget-zuweisungen an die Länder-Vereinigungen würden nach Fallzahlen berechnet. Und die sind in Bremen durch den niedersächsischen Besuch sogar höher als nach Bremens Einwohnerzahl erwartet. cd
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