Woher kommen die Mennoniten?

Die Mennoniten gründeten sich Anfang des 16. Jahrhundert als religiöse Abspaltung. Luthers Reformation ging den „Brüdern“ nicht weit genug: Sie predigten eine radikalere Trennung von Kirche und Staat, die Feindesliebe im Sinne der Bergpredigt, wandten sich gegen jede Art von Eid und vor allem gegen die Kindstaufe – die Taufe müsse die bewußte Entscheidung eines erwachsenen Gläubigen sein.

Die Mennoniten wurden sowohl von der katholischen wie von der reformierten Kirche mit Inbrunst verfolgt – und zu einer endlosen Odyssee durch die Kontinente getrieben: vom Rhein nach Preußen, später auch nach Mexiko.

Dort gab es beides zu kriegen: Land und die Freiheit von Schul- und Wehrpflicht. 100.000 Hektar Boden auf der rauhen Hochebene am Rande der Sierra Madre konnten die Deutschstämmigen kaufen, dort durften sie unbehelligt leben. Im März 1922 trafen die ersten sechs Züge der Wiedertäufer in der verwaisten Wildweststation San Antonio de los Areanales, dem späteren Cuauhtémoc, ein.

Zunächst wurde die Invasion der gottesfürchtigen Blondschöpfe von ihren neuen Nachbarn noch mißträuisch beäugt. Doch als die fremden Bauern begannen, das unwirtliche Ödland fruchtbar zu machen, Brunnen in die steinige Steppe zu bohren und dem dürren Boden blühende Felder abzutrotzen, schlug das anfängliche Mißtrauen in Sympathie um. Über den ersten mennonitischen Apfelgärtner hatte man damals noch gespottet – heute sind die Apfelplantagen auch für viele Mexikaner eine willkommene Einkommensquelle.

Etwa 35.000 Menschen leben heute in den 120 „Dörfern“ der Mennonitenkolonie bei Cuauhtémoc; weltweit wird die Zahl der gläubigen Mennoniten auf etwa eine halbe Million geschätzt. Früher waren es in Mexiko bis zu 50.000 gewesen, die zunehmende „Verweltlichung“ aber hat seit den siebziger Jahren Tausende von orthodoxen Familien weiter gen Süden getrieben, nach Belize, Bolivien oder Paraguay.

Im Schnitt verfügt jeder Mennonit über etwa dreißig Hektar Land. Außer von Mais und Apfelplantagen leben los Mennos vor allem von der Milchwirtschaft. Darüber hinaus hat sich Klein- und Mittelgewerbe herausgebildet: An die neunzig Industriebetriebe und über hundert Geschäfte gibt es auf Mennonitenland.

Nicht wenige der frommen jungen Männer werden an der US-Grenze als Transporter von Schmugglerringen und Drogenhändlern angeheuert – weil sie mit ihrer hellen Haut, den blonden Haaren und dem bescheidenen Blick so aussehen, als seien sie nicht ganz von dieser Welt. Oder wenigstens nicht aus Mexiko.