: Im Reich des Sonnenkönigs
Der Solar-Zampano Georg Salvamoser will die erste Null-Emissions-Fabrik in Europa in Betrieb nehmen. Erdkollektoren temperieren wie im alten Ägypten ■ Aus Freiburg Michael Obert
Sein Spitzname läßt Georg Salvamoser kalt. Seit der Gründer der Freiburger Solar-Fabrik GmbH unlängst den Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt erhalten hat, feiert man ihn vielerorts als Sonnenkönig. „Alles aufgesetzt“, meint Salvamoser. „Oder sehen Sie irgendwo eine Krone?“ Dafür wird er bald in einen Palast einziehen, der seiner Meinung nach in Europa seinesgleichen sucht: die neue Solarfabrik in Freiburg.
Das futuristisch anmutende Gebäude wird optisch dominiert von seiner verglasten Südfassade. Wie ein riesiger Wintergarten läßt sie einen hohen Anteil Tageslicht ins Gebäude einfallen und reduziert den Bedarf an Beleuchtungsstrom und Heizenergie. 650 Quadratmeter Solarmodule werden derzeit in die Glasfassade integriert. Sie decken gemeinsam mit einem Blockheizkraftwerk auf der Basis von naturbelassenem Pflanzenöl den gesamten Energiebedarf des Gebäudes – auch den der Produktionsanlagen.
Die Sonne liefert Salvamoser somit künftig die Energie, um Solarmodule zu produzieren, die ihrerseits wiederum Solarenergie erzeugen – absolut CO2-neutral.
Mit der Freiburger Solarfabrik geht diesen Monat die erste Null- Emissions-Fabrik in Europa in Betrieb. Georg Salvamoser beschreitet mit diesem Projekt in vieler Hinsicht neue Wege: Die Dämmung übersteigt die vorgeschriebenen Werte um ein Vielfaches. Das Fabrikdach wird begrünt. Die Klimaanlage ist an ein System angelehnt, das im alten Ägypten Anwendung fand, „lange bevor der Strom erfunden wurde“. Erdkollektoren sammeln draußen Frischluft und leiten sie durch 60 Meter lange unterirdische Röhren zu verschiedenen Luftbrunnen im Gebäude. Im Sommer kühlt das Röhrensystem die Frischluft ohne Energieaufwand herunter. Im Winter wird sie durch die Erdwärme vorgewärmt und anschließend mit einem pflanzenölbetriebenen Blockheizkraftwerk auf Raumtemperatur gebracht. Auch die 2.000 Quadratmeter große Fertigungshalle wird über zahlreiche Luftbrunnen klimatisiert.
Um die Produktionslinie – sie ist auf eine Million Solarzellen im Jahr ausgelegt, was einer Kapazität von fünf Megawatt oder einer Modulfläche von 50.000 Quadratmetern entspricht – schaffen zahlreiche Pflanzen eine angenehme Atmosphäre. Die Lichtqualität ist durch eine ausgewogene Mischung von Tages- und Kunstlicht optimiert. Natürlich hätte Georg Salvamoser auch weiterhin in der alten angemieteten Produktionshalle in Freiburg fertigen können. Doch als Solarunternehmer setzt er auf die eigene Ausstrahlung. „Wenn wir Ästhetik verkaufen wollen – und Solarenergie ist Ästhetik pur –, dann müssen wir uns und unsere Produkte auch ästhetisch präsentieren.“
Daß Salvamoser für den Neubau keine Zuschüsse erhielt, konnte ihn von seinem Bauvorhaben nicht abbringen. Schließlich hatte er auch nichts auf die Ansichten der Solarunternehmen gegeben, die Ende der achtziger Jahre den Standort Deutschland verließen. 1990 gab Salvamoser seinen sicheren Job als kaufmännischer Leiter eines Fertighausherstellers auf, verkaufte sein Haus und stieg trotzdem in den Sonnenmarkt ein. „Trotzdem“ – das wurde zu einem zentralen Begriff im Wortschatz des Vollblutmanagers. So warb er in nur einem Jahr 110 stille Gesellschafter und sammelte damit ein Kapital von 8,2 Millionen Mark für die neue Solarfabrik.
Und der Erfolg gibt Salvamosers Visionen recht. „Unser Umsatz ist zwischen 1996 und 1998 von 600.000 Mark auf knapp 10 Millionen Mark gestiegen“, erklärt er. Im kommenden Jahr werde die Solarfabrik erstmals schwarze Zahlen schreiben. Etwa 25 Prozent aller in Deutschland produzierten Solarmodule werden bereits heute in der Freiburger Solarfabrik hergestellt – darunter auch 700 Quadratmeter große Solarkraftwerke mit einem Ertrag von 65.000 Kilowattstunden pro Jahr.
Das weitverbreitete Argument, Solarenergie sei zu teuer, hat Salvamoser nie gelten lassen. „Der Transrapid verschlingt 7 Milliarden, was derzeit 350 Jahren Solarenergieförderung entspricht“, rechnet Salvamoser vor. „Da muß ich mich fragen, ob das wirklich die richtigen Prioritäten sind.“ Er selbst will nicht um Subventionen für den Solarbereich betteln. „Alles, was ich will, ist Waffengleichheit“, so Salvamoser.
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