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Kein Chemie-Cocktail für das Walroß

Neue Anlage in Stellingen macht giftiges Grundwasser wieder trinkbar  ■ Von Gernot Knödler

Daß das Grundwasser im Gebiet zwischen dem S-Bahnhof Eidelstedt und der Autobahn-Ausfahrt Stellingen giftig ist, riecht auch der Laie. Mit der Nase überm Probefläschchen fühlt er sich an Autowaschwasser erinnert: eindeutig ungenießbar. Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Xylol und diverse Naphtaline geben sich darin ein Stelldichein mit leicht flüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen (LCKW). Sie sind samt und sonders krebserzeugend; ein Horrorkabinett aus dem Chemiebaukasten – die Hinterlassenschaft einer Vielzahl längst geschlossener Industriebetriebe, wie etwa der Firma Stolzenberg, die das Wasserwerk Stellingen bedroht.

Um den langen Marsch der Gifte ins Trinkwasser zu stoppen, hat ihnen die Umweltbehörde jetzt ein paar neue Riegel und vor allem die passende Aufbereitungsanlage vorgeschoben. Ein Filtersystem, das mehr als 2000 Kubikmeter Wasser am Tag reinigen kann, ist gestern auf dem Uni-Gelände neben Hagenbecks Tierpark eröffnet worden. Mit dieser Menge könnte eine Kleinstadt versorgt werden.

Das Wasser wird in neun Brunnen an drei Stellen links und rechts der A7 gesammelt. Grundwasseruntersuchungen hatten gezeigt, daß die 1992 an der Jütländer Allee gebauten Brunnen nur eine von vier verseuchten Grundwasserströmungen erfaßten. Mit den neuen Brunnen reichte allerdings die Kapazität der alten Aufbereitungsanlage nicht mehr aus.

Die jetzt gestartete Anlage klärt 90 statt 45 Kubikmeter Wasser in der Stunde. „Langfristig sollen über die Reinigung des Grundwassers die Schadstoffe aus dem Boden ausgewaschen werden“, erläutert Umweltsenator Alexander Porschke (GAL). „Mit den neuen Brunnen werden wir dieses Ziel erheblich schneller erreichen können.“

3,8 Millionen Mark hat sich Hamburg die neue Anlage samt Brunnen und Druckrohrleitung kosten lassen. Lediglich zweieinhalb Millionen konnten bei den Verantwortlichen für dieses Umweltde-saster eingetrieben werden. Der Rechtsnachfolger einer ehemaligen Dachpappenfabrik in dem Gebiet schloß einen Vergleich mit der Stadt. Als einziger weiterer Verursacher ließ sich nach Angaben der Umweltbehörde die Firma Stolzenberg ermitteln, die Mitte der 80er Jahre geschlossen wurde. Hier war jedoch kein Geld zu holen, da es keinen Rechtsnachfolger gibt.

In der Aufbereitungsanlage wird dem Wasser zunächst das Eisen entzogen, damit dieses nicht die nachgeordneten Aktivkohle-Filter verstopft. Danach wird es in einem schottergefüllten Turm verrieselt, damit die flüchtigen Gifte verdampfen können. Aus der Luft, wie in der dritten Stufe aus dem Wasser direkt, werden die Chemikalien von Aktivkohlefiltern aufgenommen und später verbrannt.

Drei Viertel des gereinigten Wassers landen im Flüßchen Kol-lau; den Rest verbraucht der Tierpark Hagenbeck – unter anderem als Badewasser für die NDR-Walroßdame „Antje“.

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