: Mehrarbeit nur, wenn nichts anderes mehr geht
■ Freiwilliges Stundenkonto: Schulbehörde entschärft Richtline gegen Unterrichtsausfall
Die umstrittene „Richtlinie zur Vermeidung von Unterrichtsausfall“ ist von der Schulbehörde erneut überarbeitet und entschärft worden. „Wir haben noch Anregungen eingearbeitet, beispielsweise von der Elternkammer“, sagte gestern Viola Griehl, Sprecherin der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung (BSJB). Landesschulrat Peter Daschner hatte die Änderungen bereits am Montag abend bei einer Diskussionsveranstaltung mit Eltern und LehrerInnen angekündigt.
Nach der neuen Version der Richtlinie, der mittlerweile dritten Fassung, sollen die einzelnen Schulen autonomer darüber entscheiden dürfen, wie sie dem Stundenausfall begegnen. Die BSJB gibt ihnen lediglich eine Reihe Instrumente an die Hand; „die Lehrerkonferenz hat dann Grundsätze für Vertretungsregelungen festzulegen“, heißt es in dem gestern erarbeiteten Entwurf. Zudem sollen die Schulen nur Ersatzmaßnahmen bezahlen und organisieren, die weniger als einen Monat andauern; dann springt die Behörde ein.
Damit hat Senatorin Rosemarie Raab (SPD) ihrer Richtlinie die größte Schärfe genommen. Es entfällt die geplante Verpflichtung, für jeden Lehrer ein Stundenkonto zu führen. SchulleiterInnen dürfen Mehrarbeit erst dann anordnen, „wenn alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sind“. Sie sind jedoch gehalten, „Transparenz herzustellen“. Soll heißen: Sie müssen Lehrer- und Schulkonferenz sowie Eltern- und Schülerrat über den Stundenausfall informieren.
Das neue Papier wird heute die Deputation der Schulbehörde beschäftigen, die am Nachmittag zusammenkommt. Das Gremium kann beschließen, daß die Richtlinie durchgesetzt wird, sie ablehnen oder ihre Entscheidung vertagen.
Für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist schon die gestrige Überarbeitung Anlaß zur Freude. „Das Grundproblem bleibt zwar bestehen: Die Behörde wälzt die Verantwortung auf die Schulen ab“, sagte die Gewerkschaftsvorsitzende Anna Ammonn. Doch nun habe die Richtlinie „eher Empfehlungscharakter“, und das sei „als Erfolg zu werten“. Schließlich hatte die GEW seit Wochen gemeinsam mit ElternvertreterInnen gegen die geplanten Vorschriften protestiert, weil sie unter anderem entschädigungslose Mehrarbeit für LehrerInnen vorsahen.
Nun sind Taten gefordert, findet Christa Goetsch, schulpolitische Sprecherin der GAL-Fraktion in der Bürgerschaft. Schulen und Behörden müßten beide „die öffentliche Debatte in ein Handlungskonzept umsetzen“, erklärte sie gestern. „Die BSJB muß dafür Sorge tragen, daß ausreichend Lehrkräfte zur Verfügung stehen.“
Judith Weber
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