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Abrißbirne fliegt ins Leere

■ Den geplanten Abriß des Studentendorfs Schlachtensee will die Denkmalbehörde nicht zulassen. Investor droht mit Rückzieher. Auch Studentenwerk sieht keine Perspektive für die Altbauten

Das Drama um das Studentendorf Schlachtensee nimmt kein Ende. Der geplante Abriß ist zwar am Widerstand der Denkmalschützer gescheitert, dennoch ist eine Perspektive für das Wohnheim mit über 1.000 Plätzen vorerst nicht abzusehen. Die Investorengruppe will nun „mit spitzem Bleistift nachrechnen“, so ihr Sprecher Willo Göpel, ob sich das geplante Engagement überhaupt lohnt, wenn sie den Gebäudekomplex aus den 50er Jahren erhalten muß. Wahrscheinlich bleibt das Studentenwerk also auf den Altbauten sitzen. Doch Klaus Kittel, Leiter der Abteilung Wohnungswesen, sieht nach wie vor „keine Möglichkeit“, das bestehende Wohnheim „wirtschaftlich zu betreiben“. Das Studentenwerk halte an seinen Plänen fest, die Gebäude abzureißen und durch äußerlich ähnliche Neubauten zu ersetzen.

Kultursenator Peter Radunski (CDU) will das Gelände als eines von mehreren Grundstücken einer Investorengruppe überlassen, die im Gegenzug die Keller der alten Schultheiss-Brauerei in Kreuzberg für die Berlinische Galerie bereitstellen soll. Investorensprecher Göpel weist schon vorsorglich darauf hin, daß bei dem Tauschgeschäft nur ein unbebautes Grundstück mit dem geschätzten Wert von rund 50 Millionen Mark zu veranschlagen sei. Doch beim geplanten Abriß der denkmalgeschützten Gebäude legt sich die Stadtentwicklungsbehörde quer. Staatssekretär Hans Stimmann hatte mit seinem Kollegen aus der Kulturverwaltung, Lutz Pufendorf, auf dem Denkmalschutz beharrt. Ende der kommenden Woche wollen die Kontrahenten eine „städtebauliche Studie“ vorlegen.

Berlins oberster Denkmalschützer, Helmut Engel, schließt aber Abstriche am Denkmalschutz aus. „Die Voraussetzungen für die Eintragung in die Denkmalliste sind nicht entfallen“, sagte Engel. Über Veränderungen im Inneren, die einen wirtschaftlichen Betrieb des Wohnheims ermöglichten, lasse sich aber reden. Es sei „erstaunlich, wie wenig sich das Studentenwerk in den vergangenen Jahrzehnten dazu hat einfallen lassen“.

Derzeit befinde sich das Wohnheim mit nur neun Quadratmeter großen Zimmern und Gemeinschaftsduschen für jeweils 16 Wohneinheiten „auf dem Jugendherbergsstandard der 60er Jahre“, sagte Kittel. Im Sommersemester stand daher rund ein Viertel der Zimmer leer. Die Miete von 230 Mark monatlich, also rund 25 Mark pro Quadratmeter, bezeichnete Kittel als „extrem niedrig“. Er warnte jedoch davor, wegen der entspannten Lage auf dem freien Wohnungsmarkt Kapazitäten zu vernichten: „In zwei bis drei Jahren werden wir die Plätze dringend brauchen.“ rab

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