Ein Hühnchen pickt an Suhartos Vermögen

■ Der indonesische Ex-Präsident wird als Zeuge über seinen Reichtum befragt. Täglich demonstrieren in Jakarta Studenten

Bangkok (taz) – Zum ersten Mal seit seinem Rücktritt im Mai wurde Indonesiens Ex-Präsident Suharto von der Staatsanwaltschaft vorgeladen: Er sollte erklären, wie er zu seinem sagenumwobenen Vermögen gekommen ist, das vom Wirtschaftsmagazin Forbes auf vier Milliarden Dollar geschätzt wird. Fast vier Stunden lang befragte ihn gestern in Jakarta ein Team unter Generalstaatsanwalt Andi Mohamad Ghalib.

Die Opposition hatte in den letzten Monaten fast täglich gegen Suharto demonstriert und dabei gefordert, den Reichtum seiner Familie zu untersuchen. Sie werfen ihm vor, ihn während der 32jährigen Herrschaft durch schamlose Korruption zusammengerafft zu haben. „Hängt Suharto!“ riefen Studenten auch gestern auf einer von mehreren Kundgebungen.

Über die Aussagen Suhartos wurde gestern zunächst nichts bekannt. Thema waren das Projekt des indonesischen Nationalautos Timor sowie die karitativen Stiftungen, deren Leitung Suharto vor wenigen Tagen abgegeben hatte. Die sieben Stiftungen waren keineswegs rein gemeinnützig, sondern mit Privatunternehmen der Familie und seiner Freunde eng verquickt. Beamte und indonesische Geschäftsleute mußten regelmäßig in diese Fonds einzahlen.

Suharto hatte seinem Sohn Tommy 1996 die Lizenz für Montage und Verkauf des Timor geschenkt. Tommys Firma importierte südkoreanische Autos der Marke Kia weitgehend steuerfrei und vertrieb sie dann unter dem Namen Timor entsprechend billig. Folge: Tommy war fröhlich, die Konkurrenz tobte, und die Staatskasse verlor Steuereinnahmen in Millionenhöhe.

Viele Indonesier glauben, daß Präsident Habibie und Staatsanwalt Ghalib nicht ernsthaft daran interessiert sind, Suharto wegen Korruption anzuklagen. Beide sind alte Freunde oder sogar Geschäftspartner des Ex-Präsidenten. Suharto wurde gestern denn auch nicht als „Verdächtiger“ vernommen, sondern als „Zeuge“, der „einige Unklarheiten“ über sein Vermögen aufhellen sollte, hieß es.

Staatsanwalt Ghalib, der wegen seiner Zögerlichkeit Hühnchen genannt wird, hat frühere Untersuchungen im Sande verlaufen lassen. Anwälte Suhartos drohten bereits, sie würden Minister und Politiker der Habibie-Regierung „mit hinunterziehen“, falls der Druck auf den Ex-Präsidenten zu groß werde. Jutta Lietsch