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Neue Entscheidung gegen Pinochet

Britischer Innenminister Straw gibt grünes Licht für das Auslieferungsverfahren gegen den Ex-Diktator Chiles. Bis das Urteil vorliegt, können Monate vergehen  ■ Von Ralf Sotscheck

Dublin (taz) – Auguste Pinochet darf noch nicht nach Hause. Gestern abend entschied der britische Innenminister Jack Straw, daß britische Gerichte das Auslieferungsverfahren gegen den 83jährigen chilenischen Ex-Diktator eröffnen können. Spanien hat die Auslieferung beantragt, um Pinochet wegen Völkermords, Folter und Terror anzuklagen.

Der Ex-General hatte sich auf einer seiner regelmäßigen Englandreisen am Rücken verletzt und mußte in London operiert werden. In der Klinik erreichte ihn am 16. Oktober der Haftbefehl. Die Richter des Londoner Oberhauses, Britanniens höchste Rechtsinstanz, lehnten es am 25. November in einer knappen Mehrheitsentscheidung ab, Pinochet aufgrund seines früheren Amtes Immunität zu gewähren.

Morgen nachmittag beginnt das Auslieferungsverfahren, zu dem Pinochet vermutlich erscheinen wird. Bis ein Urteil vorliegt, können Monate vergehen. Pinochets Anwälte prüften gestern, ob sie gegen die Entscheidung des Innenministers oder der Lordrichter Widerspruch einlegen können. Die Anwaltsfirma Kingsley Napley hat herausgefunden, daß Lord Hoffmann, einer der fünf Lordrichter, Direktor einer Wohlfahrtsorganisation ist, die enge Verbindungen zu amnesty international hat.

Da amnesty für die Auslieferung Pinochets an Spanien eintritt, halten die Anwälte den Richter für befangen. In der britischen Rechtsgeschichte ist es noch nie vorgekommen, daß eine Entscheidung der höchsten Instanz in Zweifel gezogen wurde.

Amnesty begrüßte die Entscheidung Straws. „Das ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einem Weltstrafrechtsprinzip“, sagte ein Sprecher. Madrid lehnte jeden Kommentar zu der Entscheidung ab. „Das Schicksal des Generals ist völlig in den Händen der britischen Regierung.“

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