piwik no script img

Morgen Fiffi wird's was ...

■ Hinein in den Kaufrausch: Zu Weihnachten bieten viele Geschäfte Geschenke für Haustiere an / Vom Biedermeiersofa für den Hund bis hin zum Nager-Adventskalender

Erinnern Sie sich noch an letztes Weihnachten, liebe LeserInnen? Da lag Fiffi beleidigt unterm Tannenbaum, während die ganze Familie fröhlich Weihnachtsgeschenke auspackte. Sein „Festtagsragout mit Truthahn, Gans und Ente in feiner Soße“ rührte er nicht an, von den Schokokeksen wollte er keinen, und als die Familie „Oh Du Fröhliche“ sang, zog er den Schwanz ein. Nein, richtige Festtagsstimmung wollte da nicht aufkommen! Sie ahnen, was los war. Es war keine Magenverstimmung, und es lag auch nicht daran, daß der Hundefriseur das Fell ruiniert hatte: Fiffi war gekränkt, weil er keine Geschenke bekommen hatte.

Damit soll in diesem Jahr Schluß sein. Nie wieder sollen unsere Fiffis, Miezis, Hamster, Meerschweinchen und Kanarienvögel am Fest der Liebe zu kurz kommen: Pünktlich zur Vorweihnachtszeit finden sich in Bremens Supermärkten und Kaufhäusern jede Menge Weihnachtsüberraschungen für das Haustier. Auswählen können festtagsbewußte HeimtierhalterInnen zwischen dem Plastikweihnachtsbaum mit Leckerbissen für Sittich, Meerschwein und Kaninchen und dem Nikolausstiefel fürs Kätzchen, gefüllt mit klimpernden Bällen, einem Glöckchen und einer Fellmaus. Sie haben aber einen Hund? Kein Problem, liebe LeserInnen: Da bietet der Einzelhandel zum Beispiel das Biedermeier-Sofa im Hundeformat oder den Gummi-Quietsch-Weihnachtsmannhund zum Reinbeißen bzw. ein Körbchen mit verschiedenen Kaustangen an. Das anspruchsvolle Haustier von heute ist so schnell aber nicht zufriedenzustellen – besser noch „Schnurries Lieblingsherzchen mit Lachs und Hühnchen“ unter den Christbaum legen. Und die Wartezeit können Sie Ihrem Nager ja mit dem Adventskalender voller Leckereien verkürzen.

Bereits im letzten Jahr haben einige Tieraccessoire- und Futtermittelhersteller zu Weihnachten mit Geschenkangeboten gelockt. „Wir machen damit zwar keinen großen Umsatz, weil wir die Geschenkartikel nur in kleinen Auflagen herstellen“, so Ulrike Kammler von Vitakraft. „Was in den Geschäften war, wurde aber von der Kundschaft gut angenommen.“ Zwar habe es zu Beginn auch Kritik gegeben von Leuten, die es pervers fanden, Geschenke für Tiere anzubieten. „Aber letztlich hat sich wohl die Ansicht durchgesetzt, daß sich jeder für sein Geld kaufen kann, was er will“, vermutet sie. Schließlich seien die Tiere Familienmitglieder, und da sei es normal, ihnen zum Fest der Liebe ein besondere Freude zu machen. „Manche Leute kaufen sogar einen Sarg für ihre Haustiere und richten Ihnen eine Beerdigung aus, wenn sie sterben.“

Und damit das nicht so schnell der Fall ist, sei es allemal besser, eine Packung tiergerechte Nahrung zu verschenken als Essensreste zu füttern: Besser ein paar Drops für die schlanke Linie als ein fettes Stück vom Gänsebraten.

„Solange es den Tieren nicht schadet, ist gegen Geschenke nichts einzuwenden“, meint auch Heidrun Betz vom Deutschen Tierschutzbund. „Leider ist aber oft das Gegenteil der Fall. Es gibt da wirklich abartige Angebote, die sollen den Tierhalter ansprechen, sind aber für die Tiere völlig ungeeignet.“ Sie weiß von wahren Folterwerkzeugen: Zum Beispiel goldene Kugeln, in die man Hamster setzt und die sich dann, für den Hamster überhaupt nicht steuerbar, drehen. Oder Spielzeugautos für Kleintiere, die losfahren und den Tieren die Pfoten einklemmen. „Letztlich ist die Gefahr bei Geschenken immer, daß man die Tiere vermenschlicht. Tiere habe ganz andere Ansprüche. Die vermissen nichts, wenn sie Weihnachten keine Dominosteine fressen dürfen“, so Betz und rät: „Wenn Sie Ihrem Tier wirklich etwas Gutes tun wollen, dann nehmen Sie sich lieber Zeit, es zu streicheln und mit ihm zu spielen. Von sich aus merken Tiere sowieso nicht, daß Weihnachten ist.“

Zum Glück, lieber Leser. Sonst hätten vielleicht Ihre Goldfische an den Feiertagen nicht mehr mit Ihnen geredet: Fische gehen bei all den Angeboten nämlich als einzige leer aus. Karen Adamski

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen