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Metal goes Disney World

■ Alles nur Andeutung: Medienschocker Marilyn Manson in der Großen Freiheit

Klasse, wenn ein Konzert so anfängt: Es wird dunkel, bedrohliche Klänge füllen den Raum, und dann erscheint die überlebensgroße Silhouette des Stars aller Begierden auf eine Leinwand projiziert. Sowas klappt immer. Für einen kurzen Moment fühlen sich dann alle Fans als Glaubenseinheit und ordnen sich freiwillig dem Diktat ihrer Pop-Ikone unter. Dann kommt ein Knall, die Musik donnert nicht nur sauber, sondern rein ins Gemäuer, und alle Magie ist leider vorbei.

Marilyn Mansons Konzert in der schon seit Wochen ausverkauften Großen Freiheit glich für zwei Minuten einem Tempel – und bot die restlichen 70 nicht mehr als kajalstift-geschwärzten Disney-Metal. Daß sich der selbsternannte „God of Fuck“ nicht gleich an einer Ziege vergehen würde, war klar. Aber irgendwie passierte da am Sonntag rein gar nichts auf der Bühne, außer eben jenem Rock-Schmodder, der mittlerweile absolut mainstream-kompatibel geworden ist und dem Outfit der Band gewaltig hinterherhinkte. Manson erwies sich dabei als guter Stimmungs-Stratege und griff sich – ähnlich wie Michael Jackson übrigens – immer dann zwischen die Beine, wenn das Gejohle der Massen zu sterben drohte. Ganz nach dem Motto: „Wenn ihr meinen Pillermann sehen wollt, müßt ihr ganz doll schreien.“

Glücklicherweise wollte dies nur eine kleine Minderheit. Wahrscheinlich dieselben Leute, die auch ganz hektisch wurden, als der blaugeschminkte Beau sein Mikrophon in gefährliche Nähe zum eigenen Po schob und drohte, sich selbst zu penetrieren. Aber Manson ist ein Meister der Visualisierung, und nicht etwa der Tat. So blieb alles bei der bloßen Andeutung, inhaltlich wie musikalisch.

Oliver Rohlf

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