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Unpolitische Klassiker ab heute in neuem Gewand

■ Neun Jahre nach der Wende erscheint wieder ein Band der Marx-Engels-Gesamtausgabe

Mit den Werken von Marx und Engels wird keiner so schnell fertig. Am wenigsten Marx selbst: Über seinen Exzerpten und Entwürfen, Notizen und Manuskripten wurde er immer unzufriedener. Engels kaschierte das Desaster, indem er die Fragmente zum „Kapital“ zusammenbastelte. Noch langwieriger gerieten die Versuche der Nachwelt, das Werk von Marx und Engels herauszugeben. Den Initiator der ersten Ausgabe, David Rjazanov, ließ Stalin 1931 verhaften, nachdem nur 13 der geplanten 42 Bände erschienen waren. Erst in den 60er Jahren gelang es erneut, eine „Marx-Engels-Gesamtausgabe“ (Mega) gegen den Widerstand hoher Parteiinstanzen in Ost-Berlin und Moskau durchzusetzen. Von 1975 an erschienen im Berliner Dietz-Verlag 47 von geplanten 170 Bänden, rund 100 Mitarbeiter waren eigens für die Edition angestellt: ein Mega-Projekt.

Doch 1989 stand auch diese Ausgabe wieder vor dem Aus. Langwierige Verhandlungen über Finanzen und Programme ließen das Projekt überleben. Auf Initiative des Internationalen Instituts für Sozialgeschichte (IISG) in Amsterdam, das den größten Teil des Nachlasses besitzt, entstand 1990 eine Internationale Marx-Engels- Stiftung. Eine Konferenz in Aix- en-Provence beschloß 1992 neue Editionsrichtlinien. Gestern stellten die Herausgeber den ersten „neuen“ Mega-Band vor, der heute in den Buchhandel kommt.

Nur etwas mehr als 1.000 Exemplare ließ der Berliner Akademie- Verlag drucken, der das „Produkt“ erst im Herbst vom PDS-nahen Dietz-Verlag übernommen hatte. Für den Preis von 298 Mark erwarten den Käufer jedoch „fast keine neuen Zitate“, so Georgij Bagaturija, einer der Bearbeiter. Statt dessen enthält der Band ein Notizbuch und acht Exzerpthefte aus der Zeit zwischen 1844 und 1847.

Es handele sich um ein „klassisches wissenschaftliches Editionsprogramm, unberührt von politisch-ideologischen Verwertungsinteressen“, sagte der Politologe Herfried Münkler, Vorsitzender der Mega-Kommission bei der federführenden Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Auch wenn das „in der Außenwahrnehmung noch nicht ohne weiteres akzeptiert“ sei.

Nur noch sieben Mitarbeiter stehen der Akademie für das Projekt zur Verfügung. Gleichwohl hofft Münkler, von nun an wieder zwei bis drei Bände pro Jahr herausbringen zu können. Dann wäre das auf weniger als 130 Bände abgespeckte Projekt im Jahr 2025 abgeschlossen. Die „Historisierung“ von Marx und Engels, die Münkler als „Leitidee“ der Ausgabe bezeichnete, wird bis dahin ein gutes Stück vorangekommen sein. Ralph Bollmann

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