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Willkommen in Madrid – und in Köln

■ Während Bayern mit Zentralstation Effenberg funktioniert, ist Mönchengladbach mit Spielbeobachter Pflipsen nach dem 0:2 erledigt

Mönchengladbach (taz) – Ach, wenn sie an den Anfang denken. Am 15. August besiegte Borussia Mönchengladbach den FC Schalke 04 zum Ligaauftakt 4:0 und war Tabellenführer. Morgen fährt Borussia zum Rückrundenstart nach Gelsenkirchen. Als Tabellenletzter. Auf dem Weg ging der Trainer verloren. Aber der neue, Rainer Bonhof, hatte keine Assimilationsprobleme und kann daher repräsentativ zusammenfassen: „Jeder hat Selbstvertrauensprobleme.“

Wie schon unter Bonhofs Vorgänger Rausch haben alle Spieler auch Probleme, das Spiel als Gemeinschaftsakt zu begreifen. Einer hat den Ball, und keiner der anderen weiß, was der nun vorhat und wohin er selbst sich bewegen soll. Gladbach hat sogar einen Spielmacher, nominell. Aber eigentlich ist Karlheinz Pflipsen vor allem Spielbeobachter, er guckt, was so los ist auf dem Platz, und zwar mit gebührendem Abstand zu irgendwel- chen Tatorten und erst recht ohne sich bemerkbar zu machen. Deshalb wird er auch nie angespielt.

Manchmal erinnert er sich doch, daß er fürs Kicken bezahlt wird, und rennt fast einen eigenen Mann um, damit er als Erster an den Ball kommt. Pflipsen in Ballbesitz nützt aber selbst dann nichts, wenn er alleine vor dem gegnerischen Tor steht. Wie am Mittwoch gegen Bayern München. Dann haut er den Ball halt dem Torwart in die Arme. Oliver Kahn hatte einen schönen Abend. Zwischendurch aß er eine Banane.

Ach, wenn sie sich diese Vorrunde anschauen! Das reinste Vergnügen! Bayern München ist Herbstmeister mit sechs Punkten Vorsprung, steht nebenbei im Halbfinale des DFB-Pokals und im Viertelfinale der Champions League. Im Kader: Stefan Effenberg. Der Mann, der in der Vorsaison Gladbach vor dem Abstieg rettete. Damals war es eine Einmannshow, jetzt arbeitet Effenberg als Zentralstation in einem Kollektiv.

Auch da funktioniert er blendend. Wie alle im Hitzfeldschen Rotationssystem blendend funktionieren. In Gladbach war es nur ein besseres Trainingsspiel. Nur Effenberg war, na klar, sondermotiviert. Zur Demonstration schoß er alle Tore. Das erste herausgespielt, nachdem er lautstark den Ball von Tarnat gefordert und bekommen hatte. Das 0:2 per Elfmeter. Beide Treffer fielen in der ersten Halbzeit. Damit war das Spiel „erledigt“. Sagte Effenberg. Er hatte noch weitere Chancen. Mehr Tore waren aber nicht nötig. Fand auch Ottmar Hitzfeld: „Wir haben den Ball zirkulieren und den Gegner laufen lassen, um rationell zu spielen.“

Denn: Es gibt viel zu tun in Mailand, Manchester, Madrid. Und Gladbach? Willkommen in Köln, Borussia! Katrin Weber-Klüver

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