piwik no script img

Keine Notlösung, kein Zinnsoldat

Hamburgs neuer Polizeipräsident Justus Woydt will sehen, hören, fragen, lernen und Qualität in Motivation umsetzen  ■ Von Kai von Appen

Justus Woydt ist der neue Hamburger Polizeipräsident. Der 60jährige Jurist und Verwaltungschef der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) wird bereits am 15. Januar die Nachfolge von Ernst Uhrlau (SPD) antreten, der Anfang November als Geheimdienstkoordinator ins Bonner Kanzleramt wechselte. „Ich bin sicher, daß Dr. Woydt der richtige Mann für den bereits angelaufenen Modernisierungsprozeß in der Polizei ist“, behauptete gestern SPD-Innensenator Hartmuth Wrocklage bei der offiziellen Vorstellung.

Am Abend zuvor hatte der 60jährige Sozialdemokrat Woydt die letzte Hürde genommen. Gegen die Stimmen der Opposition hatte die rot-grüne Mehrheit in der Deputation der Hamburger Innenbehörde Wrocklages Personalvorschlag gebilligt.

Der Skepsis von Polizeiführung, Berufsverbänden und Gewerkschaften, die in dem „Verwaltungsmann“ lediglich einen von Hartmuth Wrocklage eingesetzten „Sparkommissar“ wittern, sieht der Jurist gelassen entgegen: „Ich bin kein Fachmann für die öffentliche Sicherheit“, gesteht er offen ein. Doch er glaube, „in exzellenter Kooperation“ mit der Polizeiführung die 10.000 PolizistInnen der Hansestadt führen zu können. „Ich werde die nächsten Wochen viel sehen, hören, fragen und lernen“, kündigte Woydt an. Er habe an der TU Harburg gelernt, „Ideen und Qualitäten“ aufzugreifen und in „Führung und Motivation“ umzusetzen.

Daß auch Hamburgs Polizei angesichts leerer Kassen Einsparungen in Kauf nehmen müsse, sei zwar unvermeidlich. Dennoch wolle er kein „braver Zinnsoldat“ sein, sondern „ein Präsident vor der Polizei“, beteuert Woydt. An der TUHH habe er seit acht Jahren mit einem „Globalhaushalt“ positive Erfahrungen gemacht. „Budgetierung bietet neue Freiheiten“, so Woydt, „und Globalisierung kann Kreativität freisetzen.“

Als eine seiner vorrangigen Aufgaben sieht der ehemalige Jugendrichter die Schaffung eines „Netzwerks“ von Polizei, Justiz-, Sozial- und Schulbehörde, das die Polizei bei untypischen Problemfeldern entlastet. Als „Übergangspräsident“ oder „Notlösung“ empfindet er sich nicht. „Ich hatte noch nie ein Problem, schwierige Aufgaben anzutreten“, zeigt sich Woydt selbstsicher. Schließlich sei ausdrücklich eine „zivile Person“ für die Spitze der Polizei gesucht worden: „Ich werde das Amt mehrere Jahre machen.“

Eine 100-Tage-Schonfrist, die ihm Gewerkschaften und Polizei wegen der desolaten Lage ohnehin nicht zubilligen, braucht der fitte Hockeyspieler nach eigener Auffassung nicht: „Beim Hockey kann man sich auch nicht 20 Minuten warmlaufen“, erklärt Woydt gelassen.

Er spielt auf Linksaußen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen